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Ein Rebell nach Maß

Von der Leinwand auf den Bildschirm: Mickey-Rourke-Reihe in der ARD  ■ Von Herrn Dittmeyer

Rot und blau colorierte Fische sind die einzigen Farbtupfer in Francis Ford Coppolas streng durchstilisiertem Teenagermelodram Rumble Fish. Nachdem er gemeinsam mit Mitgliedern seines Stabes Schwarz- weiß-Filme europäischer Regisseure aus der Stummfilmära und den Jahren der „Schwarzen Serie“ studiert hatte, reduzierte Coppola seine Bildsprache bewußt um Farbe und Tiefenschärfe, gewann aber dafür mit dem Spiel von Licht und Schatten ein Ausdrucksmittel, das in dieser verdichteten Form im neueren Hollywood-Spielfilm noch nicht zu sehen gewesen war.

Rumble Fish eröffnet eine Reihe von Filmen mit dem Schauspieler Mickey Rourke, der sich bevorzugt als Hollywoods entfant terrible in Szene setzt und seinen zweifelhaften Außenseiterhabitus zu einem lukrativen Image ausgebaut hat. Zum Prestige des Rebellen mit den Millionengagen gehört das schwere Motorrad; er selbst fährt es privat ebenso wie in dem Film Wilde Orchidee, er läßt sich von Zweirad fahrenden Leibwächtern begleiten, und auch für seinen neuesten Film stieg er einmal mehr in die Lederkluft und verkörpert eine Figur namens Harley Davidson.

Daß eine schwere Maschine das richtige Attribut ist für den schmallippigen Rourke, hatte bereits Francis Coppola mit sicherem Gespür erkannt und ihn für die Rolle des Motorcycle Boy in Rumble Fish engagiert.

Rourke, wie er sich selbst sieht: hartgesotten, ein bißchen legendenumwoben, mit dunkler Vergangenheit, schnell dabei, wenn es gilt, den jüngeren Bruder aus diversene Prügeleien herauszuhauen, ansonsten müde auf dem Motorrad sitzend und den Fatalisten markierend. Mit seinem zähen Lächeln und der alles oder nichts sagenden Mimik liefert Rourke das beste Beispiel für Hitchcocks These, daß ein Schauspielergesicht erst durch die Montage zum Signifikanten wird. Rourkes leere Gesichtszüge machen ihn universell einsetzbar, ob als Säufer in Barfly, als Heiliger in Franziskus oder als Sexmaniac in 9 1/2 Wochen, dem Beischlafmittel der gebildeten Stände, wo er an der Seite der kongruent ausdrucksarmen Kim Basinger lustwandelt.

Herkunft und Werdegang liefern die Plaka-Farben, mit denen das Persönlichkeitsbild des öffentlichen Mickey Rourke gemalt wurde — in glanzvolleren Epochen beschäftigten die Hollywood-Studios ausgekochte Propagandisten, die nichts anderes zu tun hatten, als sich solche Biographien auszudenken.

Über das Geburtsjahr des Egozentrikers gibt es verschiedene Angaben. 1950, 1954 und 1956 stehen zur Auswahl. Seine Jugend verbrachte Rourke, dessen Vornamen eigentlich Philip Andrew lautet, in den heruntergekommenen Vorstädten von Miami. Um sich in der rauhen Gegend behaupten zu können, lernte er Boxen, zugleich eine Möglichkeit, mit Schaukämpfen das Taschengeld aufzubessern. Seine Mitwirkung in einer Amateurtheateraufführung brachte ihn auf den Schauspielberuf; Er ging nach New York, um im renommierten Actor's Studio zu studieren. Auch im Big Apple hielt er sich mit Nebenjobs über Wasser, Parkwächter, Straßenverkäufer und Rausschmeißer sind die unumgänglichen Stationen der Aufsteigersaga. In Filmen wie 1941, Fade To Black und Heaven's Gate war er in kleinen Rollen zu sehen, bevor ihn Barry Levinson für Diner entdeckte. Dieser erste Teil von Levinsons sehr persönlicher Baltimore-Trilogie (fortgesetzt durch Tin men und Avalon), wird am 15.November ausgestrahlt. Der Pate von Greenwich Village (26.10.) von Stuart Rosenberg, Nicolas Roegs Eureka (2.11.) und das nach einer von Rourke entworfenen Storyline gedrehte Boxerdrama Homeboy (8.11.) ergänzen die Filmreihe. Es fehlen leider Beispiele für Rourkes bislang dreimalige Zusammenarbeit mit Michael Cimino, ein Regisseur und Autor, den er besonders schätzt.

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