: Arbeitslose statt Schreibmaschinen
■ AEG gibt die Olympia-Werke in Wilhelmshaven auf/ Entlassungen von 2.700 Mitarbeitern stehen bevor/ AEG zieht sich aus dem Bereich Bürokommunikation vollständig zurück
Bremen (taz) — Die Geschichte der Olympia-Werke ist zu Ende. Gestern ließ die Daimler-Benz-Tochter AEG, die alle Olympia-Aktien hält, nach ihrer Aufsichtsratssitzung in Frankfurt am Main die Katze aus dem Sack: Das Olympia-Werk in Roffhausen bei Wilhelmshaven an der Nordsee wird endgültig geschlossen. 2.700 Menschen, die dort bislang Schreibmaschinen produziert haben, stehen mit diesem Entschluß auf der Straße, Wilhelmshavens ohnehin schon überdurchschnittliche Arbeitslosenquote, dürfte damit auf etwa 30 Prozent hochschnellen.
Mit dieser Entscheidung zieht sich die AEG aus dem Produktionsbereich der Bürokommunikation vollständig zurück. Im letzten Jahr hatte die Olympia bei 865 Millionen Mark Umsatz glatte 150 Millionen Miese gemacht. Während gestern AEG-Chef Ernst-Georg Stöckl seinen Aufsichtsrat über die Schließung informierte, demonstrierten etwa 1.500 Beschäftigte des Wilhelmshavener Olympia-Werkes vor dem Daimler-Benz-Werk in der Hansestadt Bremen. Betriebsrat Ronald Smolawa appellierte an die „soziale Verantwortung der Daimler-Benz AG für die ganze Region“. Vergeblich.
Nach dem Konzept, das AEG- Chef Ernst-Georg Stöckl gestern vorlegte, soll der gesamte Olympia- Konzern in drei neue Unternehmensbereiche aufgeteilt werden: Eine Vertriebs- und Service-Gesellschaft, eine Produktionsgesellschaft und eine Grundstücksgesellschaft. Spätestens bis 1992 soll die Produktion aber trotzdem vollständig eingestellt sein.
Der Name „Olympia“ wird ebenso verkauft wie das weltweite Vertriebssystem, zwei zahlungskräftige Interessenten hat Stöckl schon am Haken.
Während die Abwicklung der Olympia geregelt ist, bleibt die Zukunft der Belegschaft ungewiß. „Unverzüglich nach Behandlung des Programms in den Wirtschaftsausschüssen und Aufsichtsräten werden die Verhandlungen über den Interessensausgleich und den Sozialplan aufgenommen“, kündigte AEG- Chef Stöckl gestern an. Bis zuletzt hatte die Konzernleitung Sanierungsvorschläge für das ramponierte Werk in Wilhelmshaven abgelehnt.
Eine Offerte der niedersächsischen Landesregierung, die Aktienmehrheit bei Olympia zu übernehmen und neue Produktionspaletten in das Unternehmen einzuführen, scheiterte am Veto von Stöckl und Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter.
Bereits vor der Aufsichtsratssitzung gestern morgen hatte Reuter erklärt, daß für die Belegschaft der Olympia Sozialpläne in Höhe von mehr als 100 Millionen Mark einkalkuliert sind.
Weltweit beschäftigt die Olympia 6.700 Menschen. mad
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