: Polizei sucht Auto-Käuferin
■ Jelinic weiterhin im Koma — Selbstgebaute Waffen waren funktionsfähig
Die Ermittlungen der Polizei im Fall der Celler Geiselnehmer konzentrieren sich jetzt auf die Käuferin eines hellgrünen Opel- Ascona. Dieser Wagen war nach Angaben eines Sprechers der Sonderkommission vom Samstag anscheinend für Dirk Dettmar (34), Samir El Atrache (30), Ivan Jelinic (28) und Bruno Reckert (37) in Großburgwedel bei Hannover bereitgestellt worden. In ihm hatten die Geiselgangster am Dienstag ihre Flucht in die neuen Bundesländer fortgesetzt. Der Wagen war nicht als gestohlen gemeldet. Sein vorheriger Halter hatte ihn an eine Frau verkauft, die noch nicht ermittelt wurde.
Ein erster Verdacht der Polizei richtet sich gegen die Frau von Wortführer Reckert, die ihm bereits für einen anderen Ausbruchversuch eine Pistole ins Gefängnis gebracht hatte. Sie ist zur Zeit in Tunesien. Die Statur der Frau soll allerdings nicht mit der Käuferin des Asconas übereinstimmen.
Unterdessen befindet sich Jelinic drei Tage nach seiner Festnahme im Koma. Sein Zustand wird als sehr kritisch bezeichnet. Er hatte bei dem Zugriff eines mobilen Einsatzkommandos der Polizei mehrere Schußverletzungen am Oberkörper erlitten. Dettmar hat sich von seinen Verletzungen soweit erholt, daß er in ein Vollzugskrankenhaus in der Nähe von Dortmund gebracht werden konnte. El Atrache soll am Montag nach Celle gebracht werden. Dettmar und Jelinic sollen folgen, sobald es ihr Gesundheitszustand zuläßt. Reckert befindet sich wieder in der Celler JVA. Er muß sich seit Freitag in einer anderen Sache vor dem Landgericht Hannover verantworten.
Bei einer kriminaltechnischen Untersuchung wurde inzwischen festgestellt, daß die selbstgebauten Waffen der Ausbrecher voll funktionsfähig sind. Es handelt sich dabei um einen zwei-und einen vierläufigen Vorderlader, die aus Tischbeinen der JVA gefertigt wurden. Die Patronen wurden mit Bleikügelchen aus Gardinen der JVA hergestellt. Die Experten der Kriminalpolizei untersuchen gegenwärtig, woraus der Treibsatz der Waffen besteht. Die angeblich mit Sprengstoff gefüllten Halskrausen wurden noch nicht untersucht.
Wie die Polizei in Karlsruhe auf Anfrage mitteilte, hatte sich bei der Flucht von Jelinic und Dettmar versehentlich ein Schuß aus einer der selbstgebauten Waffen gelöst. Dabei wurden die türkische Geisel und Dettmar leicht verletzt. dpa
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