Fernsehnormen weiter umstritten

■ Postminister spricht von europäischem Vorsprung mit MAC-Technik

Frankfurt (ap) — Die neuen Fernsehausstrahlungsnormen MAC sind zwischem dem Bundespostminister und den Rundfunkveranstaltern weiter umstritten. Minister Christian Schwarz-Schilling plädierte am Freitag auf dem ersten europäischen Medientag der Frankfurter Fachmesse „Management und Marketing Services“ nachdrücklich dafür, die Einführung der neuen Normen nicht nur vom Interesse der Unterhaltungselektronik her zu betrachten. Von der neuen Technik sei die Zukunft der gesamten Mikrochip- Technologie betroffen.

Schwarz-Schilling betonte: „Mit der D2-MAC-Norm haben sich die Europäer in diesem technologisch bedeutsamen Bereich an die Spitze der Entwicklungen gesetzt. Schon heute und nicht erst im Jahr 2000 kann dem Zuschauer in Europa im neuen Bildformat 16:9 ein besonderer Qualitätssprung geboten werden.“ Der Markt für Unterhaltungselektronik sei mit durchschnittlichen Wachstumsraten von fünf bis zehn Prozent im Jahr einer der dynamischsten.

Die Gerätehersteller setzen nach anfänglicher Zurückhaltung inzwischen auf die MAC-Normen und das neue 16:9-Bildschirmformat. Hans- Georg Junginger von der Grundig AG sah dies als einzig möglichen Weg zum geplanten hochauflösenden digitalen Fernsehen HDTV, für das Großbildschirme frühestens nach der Jahrtausendwende auf dem Markt sein sollen. Junginger forderte die Rundfunkanstalten auf, dem neuen Bildschirmformat entsprechende Programme anzubieten.

RTL-plus-Direktor Thoma bezweifelte den Nutzen der D2-MAC- Fernseher: „Das fundamentale Problem der gestreiften Hemden ist anders lösbar“, sagte er zum Argument der Hersteller, daß bereits mit D2- MAC ein flimmerfreies Fernsehbild ermöglicht wird. Thoma sah die entscheidende Neuerung erst in HDTV- Geräten: „Das Ganze hat nur einen Sinn mit Flachbildschirmen mit 1,20 Meter Bilddiagonale.“

Dagegen trat Schwarz-Schilling für eine „evolutionäre Form der Einführung von HDTV“ mit dem Zwischenschritt über die MAC-Normen ein. Auch bei der Einführung des Kabelfernsehens sei mit Kupferkabeln begonnen worden, obwohl bereits die Glasfasertechnik zur Verfügung gestanden habe, die aber für die Verbraucher viel zu teuer gewesen wäre. Der CDU-Minister verteidigte den Plan der EG-Kommission, die EG- Richtlinie, die nur Satellitenausstrahlung von Fernsehprogrammen in der MAC-Norm erlaubt, um zehn Jahre zu verlängern.

„Insbesondere ein einheitlicher Standard fordert einen offenen Markt, schafft Sicherheit für die Kunden und intensiviert den Wettbewerb“, sagte Schwarz-Schilling zu dem Argument der öffentlich-rechtlichen und der privaten Rundfunkanstalten in Deutschland, wonach die MAC-Richtlinie eine unnötige und unzulässige Marktregulierung sei. Allerdings dürfe das neue EG-Recht auch keine neuen Hemmnisse aufbauen.

Nach Ansicht des Geschäftsführers des Privatsenders Sat1, Jürgen Doetz, würde die EG-Richtlinie „Zwangsgemeinsamkeiten“ schaffen. Er warf der EG-Kommission vor, damit eine einseitige industriepolitische Entscheidung treffen zu wollen. „Die Frage ist, ob der Verbraucher zwei Revolutionen mitmachen will.“ Statt die Ausstrahlungsnorm vorzuschreiben, sollte die EG das Prinzip der Freiwilligkeit und Förderung festschreiben. Nach dem kategorischen Nein der Rundfunkanstalten habe er den Eindruck, daß „Brüssel in diese Richtung marschiert“, sagte Doetz. Ebenso wie Thoma trat er für einen einheitlichen Standard der Produktionstechnik ein.