Keine Panik vor Ostberliner Asbest

■ Der Bau-Staatssekretär Frank Bielka (SPD) zur Asbestgefährdung von Ostberliner Wohnungen

taz: Wie viele Wohneinheiten in Ost-Berlin sind potentiell asbestgefährdet?

Frank Bielka: Das kann man derzeit nicht sagen. Ich hoffe, recht wenige.

Ein konkretes Untersuchungsergebnis gibt es demnach noch nicht?

Wie haben schon vor einiger Zeit eine Untersuchung in Auftrag gegegeben. Sie befaßt sich allerdings nicht nur mit dem Thema Asbest, sondern insgesamt mit der technischen Situation der in Plattenbauweise errichteten Wohnungen. Nach den Auskünften, die ich hier in der Verwaltung zusammengetragen habe, sieht es so aus, als ob wir nur am Rande mit bedrohlichen Asbestbelastungen rechnen müssen.

Laut 'Spiegel‘, der sich auf das Umweltbundesamt beruft, wurden in der DDR allein 500 Millionen Qudratmeter Asbestzementplatten montiert. Das betrifft auch Ost-Berlin.

Grundlage des 'Spiegel‘-Artikels ist eine sehr nüchterne Analyse der Umweltbelastungen im Raum Magdeburg, die sehr spekulativ aufgemotzt wurde. Wir können bisher nur folgendes sagen: Bei der normalen Plattenbauweise hat es den Anschein, daß Asbestsorten, die in einer belastenden oder bedrohlichen Form wirken könnten, nicht verwendet worden sind. Ich sage hier bewußt, es hat den Anschein, weil wir erst noch die endgültigen Ergebnisse abwarten müssen, die wahrscheinlich in einem Vierteljahr vorliegen werden. Aber es gibt natürlich den Fall der Sokalit- Platten in bestimmten Bereichen. Da wird man sicher an einen Austausch denken müssen.

Wie viele Wohnungen sind davon betroffen?

Sokalit-Platten sind bisher erkennbar in nur weniger als tausend Wohneinheiten verwendet worden, wobei dies nicht erst seit heute bekannt ist. Die betreffenden Unternehmen arbeiten bereits an Sanierungskonzepten. Ich kann natürlich nicht ausschließen, daß es darüber hinaus noch einen gewissen Bereich von weiteren Wohnungen gibt. Das wird man in der nächsten Zeit prüfen müssen. Bei den bekannten und untersuchten Wohnungen gibt es aber keine Sperrung wegen Gesundheitsgefährdung.

Das heißt, der Grenzwert von 500 Fasern pro Kubikmetern Luft wurde nicht überschritten?

Ja. In Friedrichshain hatte die dortige Wohnungsbaugenossenschaft in Kenntnis der Sokalit-Platten selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben. In zwei leerstehenden Wohnungen wurde durch Herausreißen einmal ganz genau geguckt. Das hat natürlich dazu geführt, daß die Faserbelastung so hoch ist, daß die Wohnungen weiterhin gesperrt sind. In den übrigen Wohnungen liegt die Belastung unterhalb der Grenzwerte, das heißt, es besteht mittelfristiger Sanierungsbedarf.

Wie ist es bei den öffentlichen Gebäuden? Sechs von 13 asbestbetroffen Kitas wurden ja bereits geschlossen.

Die Diskussion hatten wir ebenfalls schon vor einigen Jahren in West-Berlin. Seitdem werden die Gebäude generell auf die Verwendung von Asbest überprüft und entsprechend ihres Gefährungspotentials klassifiziert. In Ost-Berlin hat der alte Magistrat noch angeordnet, daß Kindergärten in sogenannten Metalleichtbauten auf Asbest hin untersucht werden. Bei den 13, die hier ermittelt wurden, hat das Bezirkshygieneinstitut bestimmte Dringlichkeitsstufen des Tätigwerdens empfohlen.

In der Senatsbauverwaltung herrscht demnach keine Panik, daß jetzt ungeheure Kosten durch die Asbestsanierung in Ost-Berlin anfallen könnten?

Kosten kommen natürlich auf uns zu. Der Asbestsanierungsbedarf für West-Berlin wird allein auf etwa vier Milliarden Mark geschätzt. Für Ost- Berlin gibt es noch keine Schätzungen. Die Bezirksämter sind angewiesen, die entsprechenden Asbestuntersuchungen durchzuführen. Diese sind mit Sicherheit noch nicht zum Abschluß gekommen, weil die Bezirksämter unzählige Probleme gleichzeitig zu lösen haben. Interview: Plutonia Plarre