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„Sex fördert das Leben“

■ Die Geheimnisse des Scorpions-Erfolges, erzählt vom Saitenspringer Rudolf Schenker persönlich

1972 galten sie noch als Geheimtip der Krautrocker, heute ist gegen die Erfolgsrocker kein Kraut mehr gewachsen. Seit Ilse Werners 'La Paloma' hat die deutsche Plattenindustrie mundgeblasene Balladen nicht mehr so erfolgreich vermarkten können wie 'Wind of Change' von den Scorpions. Das Geheimnis des Erfolges enthüllte Scorpions-Gitarrist Rudolf Schenker im taz-Gespräch.

taz: 20 Jahre Rockmusik, davon die meisten in der ersten Reihe, was sagen denn Deine Ohren dazu?

Rudolf Schenker: Die Ohren sind noch gut drauf. Ich wundere mich selbst ein bißchen. Wahrscheinlich liegt es daran, wieviel Spaß Du am Lärm hast. In meiner Lehrzeit mußte ich mal in eine Schraubenfabrik. Da war eine Geräuschkulisse wie in einem Rockkonzert, nur daß die Geräusche unangenehm waren. Da werden die Ohren geschädigt. Ich habe noch keine Probleme gehabt. Hin und wieder mal ausspülen, ja, aber das ist auch schon alles.

Wie erklärst Du Dir den kommerziellen Erfolg der der Scorpions- Schnulzen?

Es liegt wohl an der Promotion. In den Staaten hast Du in jeder Stadt zwei, drei Rocksender, die 24 Stunden am Tag Scorpions, AC/DC und so weiter spielen. Da sind wir mit unseren Rocksongs schon früher bekannt geworden. Hier in Europa werden jetzt die langsamen Stücke gespielt.

Wir haben diesen Erolg auch, weil die Chemie stimmt in der Band. Jeder arbeitet für die Band, wir sind von Herzen Musiker.

Hartrocker sind für ihren rustikalen Umgang mit Musikinstrumenten bekannt. Stört Dich das Image: Lautstärke vor Technik?

Das ist dummes Zeug. Wenn Du einen schlechten Sound machst, wird die Musik lästig. Das ist normal. Wenn Du einen Transistor aufreißt, dann geht das auf die Ohren. Wenn Du dagegen eine allerfeinste Anlage aufdrehst, da stehst Du dann vor und sagst: 'Das ist geil.' Und da merkst Du noch nicht einmal, daß du 110 Phon um die Ohren geschlagen bekommen hast. Wir haben einen vorzüglichen Soundman und eine vorzügliche Anlage, die auch das –rüberbringt, was wir auf der Bühne machen.

Du selbst spielst bei den Scorpions erste Geige und zweite Gitarre. Hat Dich die Nummer zwei je gestört?

Man muß sich entscheiden im Leben. Mir ist klar gewesen: Ich will ein guter Kompomnist werden. Mein Bruder hat sich immer vorgenommen, daß er ein tierischer Sologitarrist werden will. Er ist einer der besten geworden, hat aber das Komponieren nicht im Griff. Ich habe mich auf eine Sache festgelegt. Ich wollte Komponist werden, und mir reicht meine Rhythmusgitarre.

Du bist gelernter StarkstromElektriker. Wann hast du für die Band das letzte Kabel gelötet?

Löten tu' ich heute noch, aber mehr in meinem eigenen Studio. Ich muß ganz ehrlich sagen, daß ich von diesen theoretischen Sachen nicht mehr sehr viel im Kopf habe. Das habe ich verdrängt.

Die letzte Platte ist seit Jahren die erste, die ohne nackte Frau auskommt...

Das stimmt nicht. Wir haben mehrere Platten ohne nackte Frau gemacht. Aber Egal. Der entscheidende Punkt ist der: Wir bringen lieber einen gutaussehenden Körper aufs Cover als Blut und Gewalt. Sex fördert das Leben, Gewalt zerstört das Leben. Wir sind mehr für den Sex und die Förderung des Lebens.

Was kommt nach den Scorpions?

Daran denken wir noch nicht. Zur Zeit sind wir tierisch erfolgreich. Ich habe neulich die Stones in Los Angeles gesehen: Dagegen waren Guns –n' Roses ein schlaffer Furz. Da stimmte einfach die Philosophie. Und das ist bei uns auch so. Ich habe keine Pläne und genieße mein Leben. Fragen: mad

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