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„Wir sind ein Einwanderungsland“

■ Paritätischer Wohlfahrtsverband: Jahresbericht und Blick nach vorn

Es gab zwar Kontroversen, aber nun ist der Beschluß der jährlichen Mitgliederversammlung da: Der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) will sich künftig besonders heftig für die Rechte und die Integration der AusländerInnen einsetzen, politisch und mit möglichst mehr Geld aus Bonn. Als die jährliche Mitgliederversammlung am Montag im Bürgerhaus Vahr tagte, saßen rund 130 Menschen hinter ihren Kaffeetassen, und sie vertraten 78 von den fast 180 im DPWV organisierten Vereinen, Projekten, Trägern, mit rund 3.000 Beschäftigten — und immerhin rund 10.000 ehrenamtlich aktiven BremerInnen.

Der Bund, aber auch Bremen muß sich dazu bekennen, daß die BRD ein Einwanderungsland ist, forderten die Versammelten. Mit mehr Geld aus Bonn und politischen Initiativen sollen „die politisch Verantwortlichen alle publizistischen, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen, Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen“, lautet der Appell der Versammlung.

Ahmet Kurku vom Demokratischen türkischen Arbeiterverein (DID) erklärte: „Am Arbeitsplatz, beim Einkaufen — wir können uns nicht mehr sicher fühlen. Auch unsere deutschen Angehörigen, unsere Kinder müssen auf der Straße Angst haben.“ Seit Jahren versucht der DID Integration statt Abkapselung: mit deutsch-türkischen Fußballspielen, Disco-Abenden, Seminaren. Aber: „Heute ist der Haß auf Ausländer größer als vor Jahren.“ Die Forderung des DPWV: Die Geldmittel für die Ausländerarbeit müssen deutlich erhöht werden. 160.000 Mark gab es dieses Jahr, aber Anträge für 213.000. Positiv: „Ganz überwiegend wurden selbstorganisierte Initiativen gefördert, die am unverkrampftesten und einfachsten Begegnungen möglich machen, und weniger die national orientierten“, so DPWV-Geschäftsführer Lampe. Positiv: Es gibt auch eine Gegenbewegung zur Fremdenfeindlichkeit, „Sport- und Funker-Vereine rufen uns an, weil sie sich für Ausländer einsetzen wollen“, berichtete Achim Barde vom Lagerhaus Schildstraße.

Ein Signal für die Absicht, dem fremdenfeindlichen Trend etwas entgegenzusetzen, ist die Wahl des neuen DPWV-Vorstands, in dem jetzt neben Frauen-, Selbsthilfe- und Gesundheitsinitiativen auch Ausländer-VertreterInnen sitzen.

Pünktlich zur Versammlung lag 120 Seiten dick auch der Jahresbericht des DPWV vor. Kritische Punkte: Die Stadtteil- Dienstleistungszentren betreuen immer mehr Alte ambulant und müssen mit LaienhelferInnen auch altersverwirrte Menschen versorgen. „Wir brauchen Mittel, um Fachkräfte einzusetzen“, forderte Ludwig Busch vom DPWV. Und: Nachdem es nur noch wenige Zivildienstleistende, aber viele freie Stellen gibt, müssen Schwerstbehinderte von Festeingestellten versorgt werden: Statt 1.000 Mark im Monat kostet die Betreuung jetzt 3.400 Mark, was die Betroffenen zur Klientel des Sozialamtes macht.

Und sonst? Lampe: „Wenn die Parteien die Sozial-, Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik links liegen lassen, müssen wir uns drum kümmern.“ S.P.

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