: Abschiebung „schmerzliche Pflicht“?
■ EKD-Ratsvorsitzender Kruse fordert Erhalt des Asylgrundrechts, aber Abschiebung sei auch legitim
Bad Wildungen (dpa) — Der EKD- Ratsvorsitzende Martin Kruse will, daß das Asylrecht nach Artikel 16 des Grundgesetzes in seiner Substanz erhalten bleibt. Aber zu diesem Grundrecht gehöre auch, daß Personen, deren Asylgesuch rechtmäßig nach sorgfältiger Prüfung verworfen wurde, abgeschoben würden. „Diese schmerzliche Pflicht des Staates darf nicht diskreditiert werden“, betonte der Berliner Bischof am Sonntag in der Eröffnungssitzung der Synodaltagung im hessischen Bad Wildungen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sieht im Schutz von Ausländern ein Gebot Gottes. „In unserem Land wird zur Zeit schlimm dagegen verstoßen“, sagte Kruse.
Für den obersten Repräsentanten der rund 30 Millionen evangelischen Christen in Deutschland sind die Wanderungsbewegungen in Europa und in der Dritten Welt ein „Signal, daß der Kampf gegen das Elend mit zu schwachem Einsatz geführt wird“. Die Staatengemeinschaft der Welt, die Kirchen und die freien Kräfte seien aufgerufen, die Lebensumstände in den Herkunftsländern der Flüchtlinge so zu verändern, daß sich nicht Menschen gezwungen fühlen müssen, ihre Heimat zu verlassen. Die Kirchen sollten sich kritisch fragen, ob sie sich in der Vergangenheit nicht zu stark auf Hilfe durch Spenden konzentriert hätten. Sie sollten sich fragen, ob eine Umwandlung des Bewußtseins der Menschen in Deutschland gelungen sei.
Zu den internationalen Konflikten sagte Kruse in seinem Rechenschaftsbericht, es müsse im Rahmen der KSZE eine Friedensordnung aufgebaut werden, zu der unter den gegenwärtigen Bedingungen die militärische Komponente hinzugehöre. Er wollte damit eine frühere Interview-Äußerung erläutern, mit der er für eine Reduzierung und Entnationalisierung der Armeen in Europa eingetreten war.
Für den 62 Jahre alten Kruse wird auf der bis zum 8. November dauernden Synoldatagung ein Nachfolger bestimmt. Er selbst kandidiert nicht wieder. Als Nachfolger ist der 58jährige Horst Hirchler, Landesbischof der Kirche Hannovers, im Gespräch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen