: Der halbe Wald ist krank
■ Bremer Waldschadensbericht 1991: Kaum noch ein gesunder Nadelbaum
Jeder zweite Baum in Bremens Wäldern ist krank. Das ist zwar wieder etwas mehr als im vergangenen Jahr, aber immernoch deutlich weniger als 1988, als 60 Prozent der Waldbäume im jährlichen Waldschadensbericht krankgeschrieben worden waren. Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte konnte gestern die 1991er Statistik des Bremer Waldsterbens präsentieren.
In den mit 507 Hektar klitzekleinen Bremer Wäldern, von denen sich über die Hälfte übrigens in Bremerhaven befindet, haben vor allem die Nadelbäume weiter gelitten. Nur noch 14,3 Prozent der Douglasien und 25 Prozent der Fichten konnte der Göttinger Forstingenieur Artok Suner als gesund einstufen, als er im August tagelang durch Bremens Wälder streifte, um alle 456 Bäume aufzuspüren, die bereits in den letzten sechs Jahren als Stichprobe für den Waldschadensbericht gedient hatten.
Besser geht es dagegen weiterhin den Laubbäumen. Immerhin 58,2 Prozent aller Eichen und sogar 70,8 Prozent der Buchen in Bremens Wäldern waren bei der diesjährigen Überprüfung ohne jeden Schaden. Trotzdem ist auch bei den Laubbäumen die Entwicklung bedrohlich: Mittlere und starke Schädigung von Bäumen haben seit 1988 stetig zugenommen und betrifft jetzt bereits
hier bitte das
Waldfoto hin
Nur im Park sind noch fast alle Bäume gesund — die kranken wurden nämlich schon längst gefälltFoto: Falk Heller
jeden fünften Laubbaum in Bremens Wäldern.
Das Baumsterben ist dabei oft gar nicht direkt auf die bekannten Umweltbelastungen wie sauren Regen, Auto- und Heizungsabgase zurückzuführen. Die Krankheit wird zunächst durch größere Anfälligkeit für Schädlinge sichtbar. So haben Fichtengespinstblattwespen, Fichtennestwickler, Eichenwickler, Frostspanner, Buchenspringrüßler und ähnliches Ungetier unter den Rinden leichtes Spiel, wenn die Bäume sowieso schon stark belastet sind.
Und auch Sturm- und Frostschäden zeigen schneller schwere Folgen als bei rundum gesunden Bäumen. So hat in diesem Jahr vor allem der Spätfrost am 3. und 8. Mai mit Temperaturen bis minus acht Grad den Bremer Eichen schwer zugesetzt. „Allerdings können sich selbst Eichen, die in einem Jahr schon mit über 50 Prozent Schädigung eingestuft werden, im nächsten Jahr trotzdem wieder erholen“, weiß Forstingenieur Suner aus seinen Waldbegehungen.
Besser als den Waldbäumen geht es weiterhifn den Bremer Bäumen in Parks und Grünflächen. 76,2 Prozent aller Laubbäume konnten dort als völlig gesund eingestuft werden. Im Bürgerpark traf dies immerhin für 70,4 Prozent aller Bäume zu. Die Zahlen sind mit dem Waldschadensbericht allerdings nicht direkt zu vergleichen, da in Grünanlagen und Parks kranke Bäume viel eher erkannt und auch gefällt werden — und damit statistisch natürlich nicht mehr in Erscheinung treten.
„Kein Anlaß zur Schwarzmalerei“, kommentierte Umweltsenatorin Lemke-Schulte gestern den neuen Waldschadensbericht. Dann forderte sie jedoch trotzdem wie in jedem Jahr: „Wir müssen der Ursache des Übels an die Wurzel gehen.“ Ase
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