Polizei schlug türkische Familie zusammen

■ Sohn, Vater, Mutter, Tochter und ihr Verlobter gerieten am Samstag abend in Kreuzberg unter die Holzknüppel der Polizei

Kreuzberg. »Meine ganze Familie ist am Samstag brutal von der Polizei zusammengeschlagen worden«, berichtete die 20jährige türkische Apothekenhelferin Fuesun S. gestern fassungslos. Der Vorfall ereignete sich gegen 19 Uhr an der Adalbert-/ Ecke Naunynstraße, wo ein großes Polizeiaufgebot aufgefahren war, um die unangemeldete »antifaschistische« Demonstration zu verhindern. Die türkische Familie führte zu diesem Zeitpunkt gerade ihre Hunde Gassi. Nach Angaben der Apothekenhelferin lief der 17jährige Bruder Koray mit zwei Freunden vorneweg, hinter ihm die 42jährige Mutter und der 46jährige Vater, gefolgt von der Tochter Fuesun und ihrem Verlobten. Plötzlich, so Fuesun, hätten mehrere Beamte den Bruder gepackt, an eine Wand gestellt, durchsucht und ihn mit Knüppeln geschlagen. Als die Mutter heftig dagegen protestiert habe, sei sie mit den Worten wie »Halt die Schnauze Scheiß Kanake« von Polizisten in die Rippen und den Unterleib geschlagen worden. Der Vater, ein Sozialarbeiter, sei eingeschritten und habe zwei Beamten »Faustschläge« verpaßt, um seine Frau zu schützen. Daraufhin seien zehn bis 15 Beamte auf den Vater »losgegangen«, hätten ihn zu Boden geschlagen und ihn dort mit Handschellen gefesselt. Nunmehr sei der Verlobte mit Fäusten gegen zwei Beamten vorgegangen, sei aber ebenfalls zu Boden geschlagen worden. Wohl um die Beamten abzuhalten, hätten Außenstehende einen Molotowcoktail in das Handgemenge geworfen, der den Vater beinahe getroffen habe.

Die Apothekenhelferin, die auch Prügel abbekam, forderte von fünf Beamten geistesgegenwärtig die Dienstnummer, die sie auch bekam. Die Mutter mußte mit Unterleibsblutungen im Krankenhaus behandelt werden. Fuesun hat jetzt für ihre Familie Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt erstattet. Die Familie S. lebt seit 20 Jahren in Berlin. Laut Fuesun haben Polizisten bei dem Handgemenge gerufen: »Wir werden euch ausrotten, ihr Scheiß Kanaken.«

Die Polizepressestelle bestätigte auf Nachfrage, daß es an jenem Abend in Kreuzberg tätsächlich einen Vorfall mit der Familie S. gegegeben habe. Vier Personen seien dabei festgenommen und eine Person ins Krankenhaus gebracht worden. Die Beamten seien gegen eine nicht angemeldete Versammlung von 80 Leuten vorgegangen. Dabei sei es zu einer Rangelei gekommen, an der sich die Familie beteiligt habe. Gegen einige Familienmitglieder sei ein Verfahren wegen Widerstandes eingeleitet worden.

Wie berichtet war die Polizei nach Augenzeugenberichten auch gegen andere Personen unverhältnißmäßig vorgegangen. Sie mußten sich bei ihrer Festnahme platt auf den Boden legen. Ein Fotograf berichtete, daß für Festnahmen nicht der geringste Anlaß bestand, weil es überhaupt keine Versammlung oder Demonstration gegeben habe. plu