: Kirche diffamiert Freimaurer
■ Betr.: „NVA-Chor darf nicht in Kirche“, taz v. 26.10.
Ob Soldaten in Lamberti singen sollten oder nicht, ist nicht mein Thema — darüber möge der Gemeindekirchenrat befinden, aber die Begründung von Frau Pastor Dannemann ist, um das Mindeste zu sagen, erstaunlich. Sie spielt nämlich auf einen inzwischen historischen Vorgang an, den sie sehr genau kennt und den ich bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen möchte:
In der Tat kam die Bundeswehr im Jahre 1989, wenn ich mich richtig erinnere, auf den Gedanken, in Lamberti ein Konzert zu geben. Ich habe mich seinerzeit darüber aufgeregt und einen örtlichen Skandal angezettelt, weil dies Konzert am 9. November stattfinden sollte, also an dem Tag, an dem Bürger der Stadt des Judenpogroms gedenken wollten (...) und weil ein taktloser Tambourmajor der Bundeswehr ein Stück von Richard Strauß auf das Programm gesetzt hatte. Dieser war aber vor allem Präsident der Reichsmusikkammer und damit verantwortlich für die Arisierung des deutschen Musiklebens. Daß an einem solchen Tag und an einem solchen Ort von wem auch immer die Musik eines Nazilakaien gespielt würde, schien mir eine bodenlose Unverschämtheit zu sein.(...)
Daß Frau Dannemann nun Strauß und Mozart in einen Topf wirft, daß sie darüberhinaus bei dieser Gelegenheit in ihrer entwaffnenden Schimmerlosigkeit die Freimaurer diffamiert, die übrigens bei anderer Gelegenheit in der evangelischen Kirche sehr willkommen sind (nicht wahr, Herr Sieler?), spricht für das Niveau, auf dem hier in Oldenburg diskutiert wird. Das liegt nämlich deutlich bei Null. Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit daran erinnern, daß der Rat der Stadt Oldenburg in diesem Januar die Nazi-Ehrenbürgerschaft des Parteigenossen August Hinrichs bestätigte. Dieser spielte hier örtlich für die literarische Szene die Rolle, die Richard Strauß für die Musik auf Reichsebene übernommen hatte.(...) Ganz klar: Daß Musik des Nazifunktionärs Strauß in der Oldenburger Lambertikirche gespielt werden darf, war damals den Verantwortlichen kein Problem, aber mit einem Freimaurer (die von den Gesinnungsgenossen eines Strauß und eines Hinrichs ins KZ geschickt wurden, nachdem sie — wie die Juden — auf das Übelste diffamiert worden waren) ist das natürlich etwas ganz anderes. Jetzt erinnert sich Frau Dannemann plötzlich an die unantastbaren Prinzipien dogmatischer Rechtgläubigkeit - ach, wenn ich nur den Platz hätte, diese Heuchelei anzuprangern! Klaus Dede, Oldenburg
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