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Bundesweiter Nazi-Aufmarsch in Halle am 9. November

Bündnis von NPD und militanten Organisationen zum Gedenken an den Mauerfall/ Karriere: Von der FDJ über die „Deutsche Sex Liga“ zur NPD  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) — Zu einer „Großkundgebung“ am 9. November haben ost- und westdeutsche Rechtsextremisten alle „reichstreuen Kräfte und Personen“ nach Halle aufgerufen. Als Anmelder der Kundgebung zum „Gedenken an den Tag des Mauerfalls und die friedliche Revolution in Mitteldeutschland“ fungiert der thüringische NPD-Landesvorsitzende Thomas Dienel aus Weimar. Er hat die Veranstaltung als „offen für alle reichstreuen Kräfte und Personen“ erklärt. Dementsprechend mobilisiert jetzt bundesweit die Hamburger „Nationale Liste“ (NL) des ehemaligen Kühnen-Getreuen Christian Worch zu diesem Termin. „Ein breites Bündnis rechter Kräfte“ soll am Samstag nachmittag in Halle auf die Straße zusammenkommen. Dort halten derzeit bewaffnete Rechtsextremisten mehrere Häuser besetzt, auch die „Nationalistische Front“ ist vor Ort aktiv.

Für Christian Worch aus Hamburg sind solche Aktionsbündnisse genau das, „was die ,Nationale Liste‘ schon seit Jahren anstrebt“. Worch, der sowohl bei der „Nationalen Alternative“ in der Ostberliner Weitlingstraße als auch bei der „Sächsischen Nationalen Liste“ in Dresden federführend beteiligt war und ist, vergleicht den geplanten Aufmarsch in Halle mit ähnlichen Aktionen im Juni in Dresden und im August in Bayreuth. An dem „Trauermarsch“ für den von Zuhältern ermordeten Dresdner Neonaziführer Rainer Sonntag nahmen 2.000 Rechtsextremisten teil, in Bayreuth kamen zum Gedenken an den Hitler- Stellvertreter Rudolf Heß 2.500 Neonazis zusammen. In dem Einladungsschreiben der NL vom 11. Oktober lobt Worch das „organisatorische Geschick des Kameraden Dienel“, der schon am 3. Oktober in Gera ein „Deutschlandtreffen“ der NPD organisiert hatte.

„Kamerad“ Dienel hat eine erstaunliche deutsche Karriere hinter sich. Nach Informationen der Ostberliner Zeitschrift 'telegraph‘ hat der 29jährige die SED-Bezirksparteischule Erfurt absolviert und war jahrelang FDJ-Sekretär, Mitglied des Stadtausschusses Weimar der „Nationalen Front“ sowie Vorsitzender des „WBA41“ der „Nationalen Front“. Darüber hinaus soll er in den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit gestanden haben. Nach dem Fall der Mauer trat Dienel aus der SED aus und wurde Anfang 1990 Geschäftsführer der „Deutschen Sex Liga“ für Stadt und Landkreis Weimar. Im Sommer 1990 avancierte er zum Geschäftsführer des Thüringer NPD-Landesverbands und wurde auf dem NPD-Vereinigungsparteitag in Erfurt am 7. Oktober 1990 zum Landesvorsitzenden von Thüringen gewählt.

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