: »Unzuverlässige« Kneipenbesitzer
■ Wenig juristische Handhabe bei Fremdenfeindlichkeit
Berlin. »Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, ... seiner Rasse, ... seiner Heimat und Herkunft ... benachteiligt werden.« Daß regelmäßig Nichtdeutschen in Discotheken oder Kneipen die Tür gewiesen wird — wie vorgestern im Berliner Kaffeehaus am Alex —, straft diesen Satz unseres Grundgesetzes Lügen. In Bremen wurde ein Tankstellenbesitzer kürzlich besonders deutlich und brachte an seiner Tankstelle ein Schild an: »Kein Zutritt für Asylanten.«
Rechtlich ist die Lage leider etwas schwieriger, als die Verfassung verspricht: denn die Grundrechte haben üblicherweise keinerlei Drittwirkung, das heißt sie sind Rechte des einzelnen gegenüber dem Staat, nicht aber gegenüber Privatpersonen und Gewerbetreibenden. Generell kann sich also ein Gastwirt seine Kunden selbst aussuchen. Allerdings muß er einen sogenannten Zuverlässigkeitsnachweis erbringen, um eine Konzession zu bekommen. Bei mehrfachen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht, Betrügereien oder ähnlichem wird die Lizenz verweigert.
Umstritten ist, ob auch ein Gaststättenbesitzer, der eine gesellschaftliche Gruppe draußen vor der Tür stehenläßt und Fremde diskriminiert, »unzuverlässig« handelt. Möglicherweise, so Rechtsanwalt Claus Rosenkranz, könnte das Bezirksamt mit einer Verfügung unter Androhung von Zwangsgeld den Gastwirt zwingen, auch Ausländer hereinzulassen. Einen Präzedenzfall gibt es allerdings in Berlin nicht.
Vor einigen Jahren überprüfte Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John Discothekenbesitzer auf ihre Toleranz. In Einzelfällen, so Rechtsanwalt Christian Kayser, hätten die Bezirksämter damals Abmahnungen verschickt. Diese hätten allerdings eher appellhaften Charakter gehabt. Allmählich würde aber auch die Rechtsprechung Gaststätten als Teil der Öffentlichkeit ansehen — und das ist die Bedingung für den Unzuverlässigkeitsnachweis gegenüber dem Gaststättenbesitzer.
Außerdem, so Kayser, würde möglicherweise in den kommenden Jahren der Schutzbereich des »Gleichbehandlungsgrundsatzes« von der Rechtsprechung auch auf Dritte ausgedehnt — also auch auf Gewerbetreibende. Dann dürften Gastwirte sich ihre Kundschaft nicht mehr nach der Hautfarbe aussuchen. jgo
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