: Maxwell ein Iran-Contra-Mann?
Ex-Mossad-Agent: Verleger war in Waffendeals mit Iran verstrickt ■ Von Ralf Sotscheck
Der Tod des britischen Verlegers Robert Maxwell gibt nach wie vor Rätsel auf. Zwar gab der spanische Richter Luis Gutierrez am Mittwoch abend bekannt, daß der Verleger einen Herzinfarkt erlitten habe, bevor er am Dienstag in der Nähe der Kanarischen Inseln von Bord seines Schiffes gefallen sei, doch der Arzt Lopez Lamela, der die Autopsie leitet, sagte gestern, daß nach wie vor „begründete Zweifel“ bestünden. Auch Michael Insull, der Ex-Kapitän der Yacht, hält einen Unfall für „ziemlich unwahrscheinlich“, da das Schiff mit hoher Reling und modernen Stabilisatoren ausgerüstet sei.
Deutlicher wurde der ehemalige Offizier des israelischen Geheimdiensts, Ari Ben-Menashe. Er sagte in einem Interview in Sydney, daß er von einer schwarzen Liste gehört habe, auf der Maxwells Name ganz oben stand. Laut Ben-Menashe habe Maxwell in den achtziger Jahren in direktem Auftrag Schamirs und des damaligen US-Vizepräsidenten George Bush geheime Waffengeschäfte mit dem Iran vermittelt und die Finanztransaktionen geleitet. Ben-Menashe habe für die Waffentransporte gesorgt. US-Waffen im Wert von über 500 Millionen Mark, die für die afghanischen Volksmudschaheddin bestimmt waren, sollen mit Hilfe des pakistanischen Geheimdiensts ISI in den Iran umgeleitet worden sein. Eine Einheit des Mossad war mindestens drei Jahre im pakistanischen Peshawar stationiert, um die afghanischen Rebellen auszubilden. 1985 sei Ben-Menashe dazugestoßen, um einen Teil der Waffen für den Iran abzuzweigen. Diese Waffen, die der US-Kongreß bereits finanziert hatte, seien vom Iran nochmals bezahlt worden. Das Geld, das offiziell gar nicht existierte, sei dann auf israelische Konten in Luxemburg eingezahlt und später von der CIA für die Finanzierung der Contras in Nicaragua verwendet worden.
Ben-Menashe behauptet, daß Maxwell für die „Geldwäsche“ verantwortlich war und dafür eine Kommission kassiert habe. Sein Verbindungsmann zum Weißen Haus in Washington soll Senator John Tower gewesen sein, der 1991 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. „Es deutet alles darauf hin, daß ich der nächste bin“, sagte Ben- Menashe am Mittwoch. „Ich habe bereits in der vergangenen Woche gesagt, daß sehr bald etwas passieren würde.“ Ben-Menashe glaubt, daß Maxwell auspacken wollte, um nicht zum alleinigen Sündenbock gemacht zu werden, nachdem der US-Journalist Seymour Hersh auf die engen Verbindungen des Verlegers mit dem Mossad hingewiesen hatte. Hersh hatte erklärt, er habe bisher erst einen Bruchteil der Geschichte veröffentlicht und werde in den nächsten Tagen weitere Beweise vorlegen. Maxwell hatte kurz vor seinem Tod Klage gegen Hersh eingereicht.
Ehud Gol, der Sprecher des israelischen Premierministers, bezeichnete Ben-Menashes Behauptungen als „absoluten Blödsinn“. In einem Telegramm an Maxwells Witwe schrieb Schamir am Mittwoch, er habe Maxwell „vor allem in jüngster Zeit als Mann gekannt, der viel Geld in die israelische Industrie investiert und seine vielfältigen Kontakte auf der internationalen Bühne Israel zur Verfügung gestellt hat“. Die Leiche des Verlegers wird vermutlich heute von den spanischen Behörden freigegeben. Maxwell, der aus einer jüdischen Familie in der Tschechoslowakei stammte, soll am Sonntag in Jerusalem beerdigt werden.
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