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Gehakel in Oldenburg: „Die waren total heiß!“

■ VfB Oldenburg — FC St.Pauli 1:1 / Beiden winkt die Aufstiegsrunde

Klaus Berster, Präsident des Zweitligisten VfB Oldenburg, ist ein geplagter Mann. „Immer wenn wir auf dem Sprung nach oben sind, kriegen wir einen drauf.“ Großen Erfolgen — einem 6:1 gegen Osnabrück etwa oder einem 2:1 gegen Spitzenreiter Uerdingen — stehen immer wieder unerklärliche Einbrüche gegenüber. Zuletzt gab es zuhause zwei kümmerliche Unentschieden gegen die Underdogs Remscheid und Brandenburg. Berster bleibt dennoch Optimist: „Am Saisonende haben wir bestimmt den sechsten Platz erreicht.“

Der sechste Platz — das Ziel allen Strebens in der Zweiten Liga. Nach der Winterpause spielen die ersten Sechs der Tabelle den Aufsteiger in die Bundesliga aus, alle übrigen müssen in die Abstiegsrunde. Oldenburgs Coach Wolfgang Sidka hatte vor dem Schlagerspiel gegen den FC St.Pauli die Marschroute für den Rest der Saison ausgegeben: Die drei Heimspiele gewinnen, auswärts mindestens einen Punkt holen. Entsprechend verwegen schritten die blau-weißen Hunte-Kicker zur Tat. Unablässig klammerten, hakelten und zerrten sie an ihren Hamburger Kontrahenten herum. Gäste-Coach Horst Wohlers sah es mit Grausen: „Die waren total heiß und übermotiviert. So viele Fouls habe ich selten erlebt.“

Die Quittung für ihr wüstes Spiel kriegten die VfBer schon in der 25. Minute. Mittelfeld-Haudrauf Paulo Palma stieg seinem Gegenspieler Bernd Hollerbach herzhaft in die Knochen. Gelbe Karte für Palma, Freistoß für St. Pauli, Kopfballtor durch Marcus „Toni“ Sailer. Die Gäste hatten auch weiterhin die besseren Chancen gegen einen VfB, bei dem an diesem verrregneten Nachmittag Transpiration Trumpf war. Für die Inspiration waren die in weiß-braune Karos gewandeten Paulianer zuständig. Besonders der neuverpflichtete Argentinier Gustavo Acosta dribbelte seinen Gegnern reihenweise Knoten in die Beine. Bis ihn Wohlers — „aus taktischen Gründen“ — auswechselte.

Während Acosta-Ersatz Dirk Damann kaum auffiel, hatte Wolfgang Sidka mehr Glück mit seiner Auswechselung. Für den erfolglosen Carsten Linke brachte er Christian Claaßen ins Spiel. Jener Claaßen, 22, galt früher als größtes Stürmertalent von Oldenburg, ehe er in dieser Saison völlig untertauchte. Der Grund: Claaßen verwertet seine Chancen dermaßen miserabel, daß Fans vermuten, er treffe aus drei Metern keinen Möbelwagen.

Anders gegen St. Pauli. Kaum im Spiel, kullerte dem Gesschmähten ein Abpraller vor die Füße, den er locker am Hamburger Torwächter Klaus Thomforde vorbeischob. 1:1 in der 72. Minute, ein verdientes Resultat aufgrund der Oldenburger Leistungssteigerung.

St.Pauli bleibt Dritter, der VfB Sechster — die Aufstiegsrunde winkt. Nur Wolfgang Sidka blickte griesgrämig drein. Wie üblich sah er sich durch den Schiedsrichter um den zweiten Punkt gebracht: Kurz vor Schluß war VfB-Stürmer Radek Drulak im Strafraum zu Sturz gekommen. Einen Strafstoß forderte das ganze Stadion, doch Schiri Richmann mochte nicht. Sicherlich auch deshalb, weil Drulak in der Nähe des gegnerischen Tores auffallend oft von einer Fallsucht heimgesucht wird. Sidka war sauer: „Wir müssen uns offenbar erst hochdienen bei den Schiedrichtern“, klagte er. Kollege Wohlers sah es ganz anders und trauerte Hamburger Torchancen aus der ersten Halbzeit nach. Allein VfB-Präsident Berster behielt kühlen Kopf: „Das Spiel ist gelaufen“, sprach er und brachte das Trainer-Palaver auf eine griffige Formel: „Das ist doch nur postume Klugscheißerei.“ Holger Gertz

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