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Korrupter Klub

■ Der 'Spiegel‘ wirft IOC-Mitgliedern Bestechlichkeit vor

Hamburg (dpa) — Die Serie der Pleiten und Pannen Berlins bei seiner Olympiabewerbung für das Jahr 2000 waren bisher eher als hausgemachte Betriebsunfälle einzuschätzen. Anders verhält es sich da mit den in dieser Woche vom 'Spiegel‘ veröffentlichten Anschuldigungen gegen eine Reihe von IOC-Mitgliedern, sie hätten sich ihre Stimmen bei der Wahl des Olympia-Orts 1996 am 18. September vergangenen Jahres in Tokio vom Sieger Atlanta abkaufen lassen. Die Story des Hamburger Magazins ging als Nachricht um die Welt und sorgte für Aufregung und Empörung unter denen, auf die es bei der Vergabe Olympischer Spiele allein ankommt, den 94 persönlichen Mitgliedern des IOC. Das deutsche IOC-Mitglied Thomas Bach: „Die Veröffentlichung schadet der Sache Berlins. Welches IOC-Mitglied läßt sich schon Bestechung vorwerfen?“ Ähnlich sieht es der um den Ruf des IOC besorgte Juan Antonio Samaranch. Der IOC-Präsident sprach in Barcelona sogar von einer „Kampagne gegen Berlin“, die das Ziel habe, die Bewerbungschancen der Stadt zu schwächen.

Dem 71 Jahre alten Spanier wird in dem 'Spiegel‘-Beitrag vorgeworfen, er sei „doppelzüngig“. Öffentlich bekunde er Sympathie für die Berlin-Bewerbung. Tatsächlich jedoch wolle er, daß Sydney die Spiele 2000 zugesprochen bekomme. Denn nur so könne verhindert werden, daß die „Nestbeschmutzer aus Australien ihr Insiderwissen verschweigen“. In Melbourne und Athen, den beiden Atlanta-Unterlegenen der IOC-Wahl von Tokio, kursierten zwei Listen. „Die eine Liste umfaßt 18 IOC-Mitglieder, die Bestechungsgelder bis zu 120.000 Dollar kassiert haben sollen. Die andere nennt 26 Funktionäre, die außergewöhnlich große Geschenke akzeptiert haben“, so der 'Spiegel‘.

Die Dementis folgten prompt. Billy Payne, der Präsident des Organisationskomitees von Atlanta, erklärte, in den Vorwürfen „steckt nicht ein Fünkchen Wahrheit“. Und Kevan Gosper, das australische IOC- Mitglied, sprach gar von einer „unverschämten Verleumdung“. Der IOC-Vizepräsident, der als einer der Kandidaten für die Samaranch- Nachfolge gilt, sieht sich von dem Hamburger Magazin als „Erpresser“ dargestellt, der sein Wissen um die olympische Korruption nur dann zurückzuhalten gedenkt, wenn Sydney die Spiele 2000 zugesprochen bekommt. Gosper will gegen das Blatt presserechtlich vorgehen.

Willi Daume, 30 Jahre lang IOC- Mitglied: „Man kann nicht für alle IOC-Mitglieder die Hand ins Feuer legen. Man kann aber auch nicht sagen, das IOC sei korrupt.“

Erst seit dem vergangenen Jahr gibt es Regeln, die den Umgang des einzelnen IOC-Mitglieds mit einer Bewerberstadt reglementieren. So darf ein Olympier nur noch einmal von einem Kandidaten zu einem Besuch eingeladen werden, für maximal vier Tage. Geschenke dürfen nur noch den Maximalwert von 200 Dollar haben. Doch überwachen kann das IOC nicht, zumal die Formen der Zuwendungen offenbar ständig verfeinert worden sind. So sollen Kinder von IOC-Mitgliedern für ihr Atlanta- Votum Studienplätze und Stipendien in den USA erhalten haben.

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