: Gewalt gegen DVU-Beiratsmitglieder?
■ Zwei Interviews: Ein Aktionist aus der antifaschistischen Szene und ein DVU-Nachrücker
Ein Teil der antifaschistischen Bremer Szene beginnt, sich die VertreterInnen der DVU in den Beiräten „persönlich vorzuknöpfen“. Als der Waller DVU-Beirat Hans-Herbert Beyer am Montag zur konstituierenden Sitzung gehen wollte, sah er sich — wie es die AntifaschistInnen beschreiben — einer kleinen Demonstration gegenüber. Er machte kehrt und ging nach Hause. Beyer erstattete Anzeige: Die Fenster seines Autos seien zerschlagen und die Reifen zerstochen worden. Er überlegt, ob er sein Mandat überhaupt antreten soll. Die taz sprach mit einem der Demonstranten und mit Beyers Nachrücker im Waller Beirat. Beide wollen anonym bleiben, der Demonstrant, weil Anzeige erstattet worden ist, der Nachrücker, weil er Schmierereien von „Linken“ an seiner Hauswand befürchtet.
taz: Ihr habt am Montag abend dem DVU-Vertreter im Beirat Walle aufgesucht. Wie seid ihr ihm gegenübergetreten?
Demonstrant: Wir hatten eine Protestaktion geplant mit dem Transparent „Bleiberecht ist Menschrecht“ und wollten Hans- Herbert Beyer von seiner Wohnung zum Ortsamt begleiten. Nachdem wir eine Weile vor dem Haus gestanden hatten, kam der DVU-Vertreter aus der Tür und fragte, was wir denn da machten. Wir haben ihm unser Anliegen erklärt.
Habt Ihr ihm auch gedroht, wie er behauptet?
Er sagte, wir würden uns darüber aufregen, daß Ausländerheime brennen. Aber wir müßten auch mal was dagegen sagen, daß am Morgen sein Auto zerdeppert und eine Parole an sein Haus gemalt worden sei. Wir erklärten ihm, daß wir es natürlich auch nicht gut finden, wenn sein Auto demoliert wird. Wir haben zu keinem Zeitpunkt die Drohung ausgesprochen, ihm das Haus anzuzünden. Wir haben ihm lediglich gesagt, daß wir uns nicht über Parolen an seinem Haus wundern, wenn Ausländerheime brennen und die DVU dafür mitverantwortlich gemacht wird.
Meinst du denn persönlich, daß DVU-Kandidaten mal was abkriegen sollten?
Die Frage ist nicht, ob ich so etwas bejahe, die Frage ist, ob ich es verstehe. Und verstehen kann ich das allemal. Aber ich will klarstellen: So etwas zu verstehen, heißt nicht, es zu billigen oder es gar selber zu machen.
Die Leute der DVU sind demokratisch gewählt. Wenn man sie besucht, wie Ihr es getan habt, geht man sie persönlich an.
Wir hatten vor, ihn mit dem Transparent zu begleiten und quasi eine Mahnwache zu machen. Im übrigen bin ich nicht der Meinung, daß man aus der Tatsache, daß die Leute demokratisch gewählt sind, unbedingt schließen kann, daß es sich damit auch um demokratische Abgeordnete handelt.
„Skinheads ins Arbeitslager“
Der 68jährige Rentner steht auf dem 2. Platz der DVU für den Beirat in Walle.
taz: Wie sind Sie auf die Beiratsliste der DVU für Walle gekommen?
DVU-Nachrücker: Ich war im Sommer am Bauen. Da kam Herr Beyer (Erster Platz auf der DVU- Beiratsliste) hier vorbei. Wir kamen ins Gespräch, und es ging in die Politik mit rein. Dann hat er mich gefragt, ob ich vielleicht bereit wäre, für den Beirat zu kandidieren. Und ich bin ehrlich: Ich denk' ein bißchen rechts. Das hat aber nichts mit extrem zu tun. Ich verabscheue alles, was extrem ist. Vor allen Dingen, was jetzt passiert — bei dem großen Thema Ausländerhaß. Die Skinheads sollte man da hinbringen, wo früher auch andere waren. Nicht in KZs, aber in Arbeitslager. Die sollte man mal arbeiten lassen.
Kannten Sie den Herrn Beyer schon vorher?
Nein. Das Gespräch ergab sich zufällig.
Und die DVU?
Sicher, manche Ansichten hört man sich mal an. Man akzeptiert auch Manches.
Waren Sie mal auf einer Versammlung?
Ich gehe grundsätzlich zu keiner Versammlung. Ich möchte mit keiner Partei was zu tun haben. Ich bin auch kein Mitglied. Das Einzige, was mich interessiert, ist die Marine. Ich bin auch in der Marinekameradschaft, das bekenne ich ganz offen. Die Marine war eben eine große Gemeinschaft.
Haben Sie denn DVU gewählt?
Ich habe überhaupt nicht gewählt.
Auch mit den Ausländern. Das sind genauso Menschen wie wir auch. Da gibt es Lumpen drunter, und bei uns gibt es auch Lumpen. Aber was jetzt bewußt reingeholt wird, durch irgendwelche Organisationen. Da bin ich auch dagegen. Da sollte man nicht die Leute bestrafen, sondern die, die das organisieren. Diese armen Menschen kommen unter Umständen gar nicht auf den Gedanken, nach Deutschland zu gehen. Von Afrika her oder wo. Das wird doch weltweit gesteuert. Das mit dem Drogenproblem genauso... Sollen sie da nicht ein bißchen sauer werden, dem Staat gegenüber, daß der so gar nichts unternimmt?
Werden Sie im Beirat nachrücken, wenn Hans-Herbert Beyer seinen Platz aufgibt?
Nein. Unter diesen Umständen nicht. Ich habe das mit Herrn Beyer heute morgen in der Zeitung gelesen. Ich muß das verurteilen, wenn da so etwas gemacht wird. Wir haben eine Demokratie, und jeder sollte doch seine Meinung sagen können. — Nein. Das ist mir die Geschichte nicht wert. Dann heißt das nachher nur: Auch wenn parteilos, der vertritt die Interessen der DVU. Und die Jugendbanden — von wem das gesteuert wird, weiß ich nicht — unternehmen dann vielleicht was gegen mich. Nein, ein bißchen meckern kann ich auch woanders, dazu muß ich nicht unbedingt in den Beirat.
Interviews: Hannes Koch und Barbara Debus
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