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Unmut über Weizsäcker dauert fort

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat nur Tadel für den Bundespräsidenten übrig, der mit seinen Äußerungen über Asyl und Einwanderung Tabus brach und Unmut erregte/ Nur Geißler hält zu ihm  ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Die Kritik aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an Richard von Weizsäcker hält an. Wohl auch deswegen, weil der Bundespräsident am vergangenen Wochenende gleich zwei Tabus auf einmal gebrochen hat: Indem er sich einerseits gegen die von der Fraktion geforderte Änderung des Asylartikels 16 des Grundgesetzes wandte. Und indem er mit seiner Forderung nach Quoten für Einwanderer ein Thema angeschnitten hat, daß die Union nicht einmal für diskussionswürdig hält. „Zum Abbau von Mißverständnissen“, so formulierte Innenminister Wolfgang Schäuble dezent, sei ein Gespräch mit von Weizsäcker über die Haltung zum Artikel 16 „sinnvoll“. Auch der scheidende CDU/CSU-Fraktionschef Alfred Dregger kündigte an, dem Staatsoberhaupt die Position der Fraktion in einem Gespräch zu „erläutern“. CDU-Generalsekretär Volker Rühe schwieg: „Über den Herrn Bundespräsidenten möchte ich mich nicht äußern.“ Wolfgang Bötsch, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe in Bonn, wurde deutlicher. Das Interview, in dem von Weizsäcker sich verbreitet hatte, sei „eine Ohrfeige über Fernsehen für die Union.“ Dies soll er in einer Sitzung des Fraktionsvorstandes gesagt haben. Parteifreunde wollen von ihm noch mehr gehört haben: Nun sei die Schwelle erreicht, an der man dem Bundespräsidenten in aller Klarheit wissen lassen sollte, daß er sich nicht einzumischen habe.

Ebenfalls gar nichts wissen wollen die Parteifreunde des Staatsoberhauptes von Quoten für Einwanderer. „Ich denke, daß die Europäische Gemeinschaft im allgemeinen und auch wir im besonderen nicht auskommen werden ohne eine Einwanderungspolitik, bei der auch durch Quoten und Kontingente eine Perspektive festgestellt wird, wie es denn weitergehen soll.“ So hatte von Weizsäcker befunden. „Völlig unverständlich“, heißt es dazu aus der Fraktionsspitze. Und: Der Bundespräsident „überblickt wohl die Rechtslage nicht“. Wenn der Asylartikel nicht geändert werde, überdies gleichzeitig Einwanderer über Quoten hierherkämen, dann seien ja noch mehr Ausländer hier als jetzt schon. Und das wären dann sicher zu viele. Überhaupt scheint die Unionsfraktion über das Thema Einwanderungspolitik noch nicht einmal zu diskutieren. Und Fragen an die Unionsabgeordneten stoßen auf tiefes Unverständnis: Man könne doch nicht über Quoten und Kontingente Ausländer zusätzlich ins Land holen. Zu denken sei allenfalls daran, die Asylbewerber zu quotieren. Und überhaupt sei die Einwanderung nach Deutschland auch jetzt schon ausreichend geregelt...

Lediglich der frühere CDU-Generalsekretär und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heiner Geißler hat Weizsäcker unterstützt. Deutschland und Europa, so der Christdemokrat gestern in einem Interview, müßten festlegen, wie viele Zuwanderer sie aufnehmen wollten. Da die Bevölkerung in Europa und Deutschland schrumpfe, sei an dieser Position nichts Dramatisches.

Kritik am Bundespräsidenten gab's in Bonn auch noch von der anderen Seite: PDS-Chef Gregor Gysi monierte, daß die Probleme in Osteuropa und der Dritten Welt nicht durch Quoten zu lösen seien. Vorschläge wie die des Bundespräsidenten verbreiteten nur Illusionen.

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