: Ein paar Panzer weniger nach Ankara
Haushaltsausschuß sperrt Auslieferung von Leopards/ Umrüstung der Panzer geht weiter ■ Von Dorothea Hahn
Berlin (taz) — Die „deutsch-türkische Freundschaft“ sei in Gefahr, wetterte der türkische Botschafter Onur Öymen in dieser Woche gegenüber verschiedenen Bundestagsabgeordneten. Die Bundesregierung, so die Regierung in Ankara, gehe „gezielten Fehlinformationen“ auf den Leim. Grund des Ärgers bei der Nato-Partnerin: die Entscheidung des Bonner Haushaltsausschusses, Militärhilfe im Wert von 25 Millionen Mark zu sperren. 15 bis 20 Leopard-Panzer, die zur Zeit in Werkstätten von „Krauss Maffai“ und „MAK“ für die speziellen Bedürfnisse der türkischen Armee umgerüstet werden, sollen vorerst nicht ausgeliefert werden. Am vergangenen Donnerstag hatte sich der Ausschuß einstimmig zu dem Schritt durchgerungen. Man wolle „ein Signal gegen die Menschenrechtsverletzungen setzen“, erklärte Ausschußvorsitzender Walther (SPD). Den Ausschlag gaben die türkischen Bombardements kurdischer Dörfer im Irak. Die Bilder von verbrannten ZivilistInnen hatten auch in der Regierungskoalition für einen Stimmungsumschwung in der heiklen Frage gesorgt. Doch die Betroffenheit reichte nur zu einer halbherzigen Entscheidung: Die ursprünglich vom SPD- Abgeordneten Horst Jungmann beantragte komplette Streichung der „Rüstungssonderhilfe“ an die Türkei lehnte die Regierungsmehrheit ab. Die „bestehenden Verträge müssen erfüllt werden“, lautete das Argument. Nach einwöchigen Beratungen in den Fraktionen stimmten schließlich alle einem Kompromiß zu: Bevor die Leopard-Panzer, die auch die Bundeswehr benutzt, geliefert werden können, muß jetzt der Ausschuß sein Plazet geben. Die Mitglieder haben so Gelegenheit, zu prüfen, ob die neue türkische Regierung die Menschrechte achtet.
Bei dem Kriegsgerät handelt es sich um die letzten Stücke einer Großsendung von insgesamt 150 Panzern. Das Gesamtpaket im Wert von 580 Millionen Mark ist Teil der deutschen „Rüstungssonderhilfe“ an den finanzschwächeren Nato-Partner. Die ersten vier Panzer der Serie hatte Kanzer Kohl im Juli 1990 in Ankara übergeben. Im Gesamtzusammenhang der deutsch-türkischen Rüstungszusammenarbeit sind die Leopards nur eine Anekdote. Neben Panzern erhält die Türkei aus der Bundesrepublik anderes Kriegsgerät sowie Finanzhilfe und Ausbildungshilfen. Allein im Rahmen der „Rüstungssonderhilfe“ gingen zwischen 1980 und 1990 Rüstungsgüter der Bundeswehr im Wert von rund 1,2 Milliarden Mark in die Türkei. Bis 1993 sollen weitere 1,3 Milliarden folgen, so Ralf Hofer von der Buko- Rüstungskampagne. Daneben fließt Geld und Material aus geschickt auf zahlreiche Ressorts verteilte Haushaltstitel. Außerdem baut die Türkei Gewehre, Haubitzen und U-Boote mit deutschen Lizenzen.
Bedient wird die türkische Armee auch aus Restbeständen der NVA: Am Dienstag tauchte auf dem Bahnhof im brandenburgischen Wittenberge ein Transport voller Munition für die Türkei auf. Geladen waren Kaliber, wie sie türkische Sondereinheiten bei Einsätzen gegen Demonstranten in Kurdistan benutzen.
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