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Schlacht von Köpenick

■ Gab es eine Prügelei zwischen West- und Ost-Polizisten?

Berlin. Das Gerücht wird von allen Beteiligten wortreich dementiert, trotzdem hält es sich hartnäckig. Vor zwei Wochen, vielleicht auch vor drei, soll es im Polizeiabschnitt Köpenick 2 zu einer wüsten Prügelei zwischen ehemaligen Volkspolizisten und aus dem Westteil stammenden Beamten gekommen sein. Auslöser der Schlägerei sei ein Wortwechsel gewesen, der sich nach der Rückkehr von einer Streifenfahrt entsponnen haben soll und dessen Ablauf folgendermaßen geschildert wird: Wessi: »Mach mal Kaffee!« — Ossi: »Ich bin doch nicht dein Sklave.« — Wessi: »Nee, aber mein Kriegsgefangener.« — Ossi: »Du spinnst wohl.« — Wessi: »Und du bist dumm wie Ostbrot.«

Die Streife einer benachbarten Einsatzbereitschaft mit acht Mann habe anrücken müssen, um die darauffolgenden gewalttätigen Auseinandersetzungen zu schlichten und die Kampfhähne auseinanderzubringen.

Von der Polizei wird der Vorfall allerdings heftig dementiert. »So etwas hat nicht stattgefunden«, beteuert Direktionsleiter Gerhard Kilian. Erst am Dienstag habe er die angeblich Beteiligten befragt. Der Gerüchte wegen eigens nach Köpenick bemüht hatte sich am Mittwoch auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses, Helmut Hildebrandt (SPD). Er habe »keinen Hinweis« gefunden, daß an der Sache etwas dran sei. Freilich sei ihm die Geschichte gleich anschließend in der Polizeischule Biesdorf erneut angetragen worden. Dort werden Vopos auf das westliche Rechtssystem umgeschult. Kilians Kommentar: »In Biesdorf wird diese Geschichte zielgerichtet verbreitet.«

Warum? Hildebrandt erklärt sich die Ungereimtheiten mit der schlechten Stimmung unter den Ost-Polizisten: sie seien immer noch nicht verbeamtet, hätten ihre Mitverantwortung im Repressionsapparat des SED-Regimes oft nicht verarbeitet. Die Story mit der Prügelei stärke das Selbstbewußtsein: Glaubt man nämlich den Gerüchten, dann haben die Ossis die Schlacht von Köpenick gewonnen. hmt

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