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Unterm Strich

Sprache unter dem Reinheitsgebot ist ein Klassiker unter den üblen Mißverständnissen. Nun hat es einen getroffen, der es wahrhaftig nicht verdient: Georges-Arthur Goldschmidt, dem deutsch schreibenden, in Frankreich lebenden Autor wird der Preis der Henning-von-Kauffmann-Stiftung zur Pflege der Reinheit der deutschen Sprache verliehen. Wir zitieren den Autor aus unserer letzten Literataz, wo er über den Wiedervereinigungsduden schrieb: „Die Gefahr, der die deutsche Sprache ausgesetzt ist, kommt von innen, vom Reinheitsfimmel, der die deutsche Sprachwissenschaft, also die Philologie, im 19. Jahrhundert befiel und deren Ergebnis wir zur Genüge kennen. ... Daß eine Sprache, wenn sie verbrecherisch manipuliert wird — und alle Diktatoren, das heißt ja: alle Kriminellen, wollen immer die Sprache manipulieren und bereinigen —, auch zum Mordinstrument werden kann, und das war das Hitlerdeutsch, welches ja auch Heidegger sprach: Das hat unsere Zeit zu Genüge gezeigt. ... Je weniger man sich vor Fremdwörtern fürchtet, desto heller und deutlicher wird das Deutsche. Aber je ,deutscher‘ man schreiben will — d.h. partikularistisch, desto verschrobener, dunkler, gestelzter und undeutlicher wird es.“

Ausgangspunkt eines Hannah Arendt- Symposions an diesem Wochenende ist für die Veranstalter ein „Verlust des Politischen“ in allen westlichen Gesellschaften, bei dem sich die Politik mehr und mehr zur Bürokratie verhärtet, die ihre eigenen Sachzwänge produziert. Das Symposion findet am 15. und 16.11. in Marburg statt. Arendts Philosophie soll auf Perspektiven einer politischen Ethik hin befragt werden.

Beinahe, aber nicht ganz so wichtig wie diese Veranstaltung könnte ein Abend werden, der dem „Ende des utopischen Zeitalters“ und dem „Pragmatismus als Zukunft“, ja sogar der „Dialektik von Entwurf und Verwirklichung“ gewidmet ist und an dem als Spezialist für das siegreich Praktische Joachim Fest, für das soziologisch Ohnmächtige Claus Offe und für das kompensatorisch Muntere Odo Marquard teilnehmen werden. Die Herrenrunde tagt am 3.12. in der Aula der Siems-Schule, Rethelstr. 13 in Düsseldorf um 19 Uhr 30. Es handelt sich beiläufig um die 219. Disputation der Reihe „Meinung gegen Meinung“ der Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung e.V.

Schwer unterschätzt wird hierzulande die Leistung von ÜbersetzerInnen. Der VS betätigt sich hier einmal so, daß man ihn loben kann: er sorgt dafür, daß der Hieronymusring im angemessenen Rahmen übergeben wird. An den Finger wird er Andreas Klotsch gesteckt, und zwar von der bisherigen Trägerin Sylvia List. Wir Ledigen denken uns die Szene hochzeitlich und schicken die besten Wünsche nach Esslingen, wo die Feierstunde am 22.11. Herzen rühren und Augen netzen wird. Andreas Klotsch, 1937 in Rumänien geboren, arbeitet seit zehn Jahren als freier Übersetzer und wird geehrt für die Übertragung der Romane Das Memorial und Das steinerne Floß von José Saramago. Das Übersetzertreffen, an dem u.a. Fritz Senn teilnimmt, findet in Bergneustadt statt, Tel. 02261/4641.

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