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„Nachkontakt“ bis nach Zimbabwe

Benecke-Stiftung: Nach Amtsaufgabe der gesamten Führungsspitze der Stiftung stehen die Verbindungen zur Familie Süssmuth unter Kritik/ Prof. Süssmuth verbietet taz-Darstellungen  ■ Von Gerd Nowakowski

Berlin (taz) — Noch Monate später schwärmte der Generalsekretär der Otto-Benecke-Stiftung (OBS) vom Erfolg der Reise. Auf Kosten der OBS hatten die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und einige Parlamentarier Anfang März 1989 Zimbabwe besucht. OBS-Generalsekretär Beitz hatte sich bemüht, den Aufenthalt der dritthöchsten Politikerin der Bundesrepublik mit allen Stilmitteln eines erstklassigen Staatsbesuchs zu versehen. Frau Süssmuth sprach vor dem Parlament und wurde von Staatspräsident Mugabe empfangen. Damalige Teilnehmer des aufwendigen Trips erinnern sich des herzlichen Umgangs zwischen Süssmuth und Beitz.

Weniger begeistert von dem Parlamentarier-Ausflug war der Bundesrechnungshof. Im Januar 1991, bei der Prüfung der OBS-Aktivitäten im Auslandsbereich, bilanzierten die Prüfer: „Die bisher nicht abgeschlossene Abrechnung weist erhebliche Mängel auf.“

Anstoß nahmen sie unter anderem daran, daß die Benecke-Stiftung die Reise als „Nachkontaktveranstaltung“ für ihre in Afrika ausgebildeten Stipendiaten verbucht und abgerechnet hatte: „Wir haben Zweifel, ob ein Parlamentarier-Symposium [...] eine geeignete Veranstaltung für Nachkontakte mit ehemaligen Stipendiaten der OBS ist.“ Zunächst, so stellten die Prüfer fest, hatte die Reise auch unter einem ganz anderen Haushaltstitel verbucht werden sollen.

Eine Reise stand auch am Beginn des freundschaftlichen Verhältnisses Frau Süssmuths und dem OBS-Genralsekretär Beitz, den OBS-Mitarbeiter als „begnadeten Menschenfänger“ charakterisieren. Die damalige Familienministerin war im September 1987 Gast auf einem OBS-Seminar im Berliner Hotel „Schweizerhof“. Der Kontakt hielt an. Man duzte sich; Rita Süssmuth und ihr Mann Hans waren Gast beim Geburtstag des OBS-Generalsekretärs.

Professor Hans Süssmuth, als Geschichtsdidaktiker an der Düsseldorfer Universität tätig, wurde im Oktober 1989 Vorstandsmitglied der „Gesellschaft zur Förderung deutsch-sowjetischer Wirtschaftsbeziehungen“. Betrieben wurde die Gründung von OBS-Generalsekretär Beitz und OBS-Vorstandsmitglied Volker Grellert, die sich davon Gewinn bei den anvisierten Projekten in der UdSSR erhofften. Grellert wurde nach den taz-Enthüllungen über den merkwürdigen Umgang der Stiftung mit den derzeit rund 250 Millionen jährlichen Steuergeldern „suspendiert“; Beitz scheidet zum Jahresende ebenso aus dem Amt wie der Bundestagsvizepräsident und bisherige OBS-Vorstandsvorsitzende Dieter-Julius Cronenberg (FDP).

Prof. Süssmuth sagt dazu in einer eidesstattlichen Versicherung, seine Beteiligung an der deutsch-sowjetischen Gesellschaft „resultiert allein aus hochschulpolitischen Gründen. Es war das Ziel der Heinrich-Heine- Universität, an dieser renommierten Gesellschaft beteiligt zu sein.“ Einen Beschluß des Universitäts-Senats in dieser Frage hat es nie gegeben, ist vom Pressesprecher Dr. Mahwald zu erfahren.

Professor Süssmuth hat der taz durch das Landgericht Bonn zu behaupten untersagt, die Benecke-Stiftung habe ihm teure Seminare finanziert. Die einstweilige Verfügung geht auf eine eidesstattliche Versicherung des Professors zurück. Darin heißt es, er habe 1990 lediglich an zwei Veranstaltungen „als Moderator teilgenommen. Hierzu konnte mich die OBS gewinnen. Die Veranstaltungen hätten auch stattgefunden, wenn ich nicht als Moderator zur Verfügung gestanden hätte.“

Der taz liegen Unterlagen über das Engagement Professor Süssmuths vor. Für das Symposium „Wie geht es weiter mit Deutschland“ — für das die OBS aus dem Haushalt des innerdeutschen Ministeriums 44.000 Mark akquirierte — war er bereits im Vorfeld tätig. In der OBS- internen Abrechnung sind zwei „Vorbereitungsreisen“ Prof. Süssmuths vom Dezember 1989 und Januar 1990 enthalten. Die Trips — Flug und Übernachtungen im Berliner „Palast-Hotel“ — hat er penibel bis zum BVG-Kurzstrecken- Fahrschein abgerechnet.

An einer geschichtswissenschaftlichen Tagung mit Historikern aus der Bundesrepublik und der Universität Halle Ende Oktober 1990 könnte Professor Süssmuth noch stärker beteiligt sein. Für die Veranstaltung — die OBS erbittet aus dem Haushalt des innerdeutschen Ministeriums dafür 63.000 Mark — liegt der taz der Konzeptentwurf unter dem Briefkopf des Lehrstuhls Professor Süssmuths vor. Auch ein Brief der Benecke-Stiftung an das innerdeutsche Ministerium verweist auf rege Mitwirkung bei der Vorbereitung des Seminars: „Beiliegend übersende ich den gemäß den Besprechungen von Herrn Prof. Süssmuth in ihrem Hause bearbeiteten Kostenplan“, heißt es im Schreiben.

Im Konzept-Entwurf für die Gechichts-Tagung aus dem Süssmuth- Lehrstuhl wird als Ziel genannt, die „Ergebnisse der Tagung als Studientexte zu veröffentlichen“. So geschieht es. Erneut akquiriert der OBS-Generalsekretär Beitz beim innerdeutschen Ministerium rund 18.000 Mark für zwei Broschüren mit dem Titel Geschichtsunterricht im vereinten Deutschland — Auf der Suche nach Neuorientierung. Herausgeber: Hans Süssmuth und die Benecke-Stiftung. Auch die wissenschaftlichen Ergebnisse des Symposiums „Wie geht es weiter mit Deutschland“ werden mit von der OBS besorgten Ministeriumsgeldern und Süssmuth als Herausgeber publiziert.

Für 1991 beantragte die Benecke- Stiftung beim Bundesinnenministerium unter der Rubrik „Hilfsmaßnahmen gesamtdeutschen Charakters“ wiederum Geld für drei Veranstaltungen. „Eine Bewilligung [...] in Höhe von 50.000 Mark ist erfolgt“, wird „Herrn Prof. Dr. Hans Süssmuth, Neuss“ Ende Mai 1991 mitgeteilt. Unter anderem — so der Antrag der OBS an das Ministerium — wollte man in Zusammenarbeit mit der Uni Düsseldorf eine geschichtswissenschaftliche Tagung über „Das Geschichtsbild über die Deutschen in Ländern Osteuropas“ durchführen. Der Plan wurde aufgegeben. Hans Süssmuth, bestätigt die OBS-Pressesprecherin, nehme an den Veranstaltungen nicht mehr teil.

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