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HBV-Sekretär Helmut Thiel geht

■ Knatsch auf der Delegiertenversammlung / Traditionalisten gegen Neuerer

Der Sekretär der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV), Helmut Thiel, und der HBV-Vorsitzende Hans Jürgen Kröger sind sich spinnefeind. Auf der HBV-Delegiertenkonferenz am Samstag erklärten die Beiden, die zehn Jahre lang auch privat die besten Kumpels waren, übereinstimmend, daß sie in der Oranisation nicht mehr gemeinsam arbeiten können. Ebenfalls gleichlautend erklärten beide, es gehe bei dem Konflikt nicht um die Konfrontation von Personen, sondern um kontroverse Inhalte. Damit sind die Gemeinsamkeiten dann allerdings auch erschöpft.

Hans Jürgen Kröver war mit dem Vorwurf an die Öffentlichkeit getreten, Helmut Thiel habe Gewerkschaftsgelder in Höhe on 100.000 Mark mißbräuchlich verwendet. Thiel hatte Anfang des Jahres die „Bildungseinrichtung Mitbestimmung“ (BIM) mitgegründet, die seitdem Betriebsratsschulungen der HBV durchführt. Die BIM residiert in den von der HBV angemieteten Räumen am Wall. Kröger ist der private Verein „auf den die Gewerkschaft keinerlei Einfluß hat“, ohnehin ein Dorn im Auge, zumal es „genug gewerkschaftsnahe oder eigene Bildungsträger“ gebe. Er entnimmt dem Revisionsbericht, daß Thiel am Ortsverwaltungsvorstand der HBV vorbei unzulässig viel Bürofläche angemietet hat, um „seinen“ Verein unterzubringen. Das mache bis zum Ende des Mietvertrages im Jahr 2001 eine unzulässige Ausgabe von 100.000 Mark. Kröger machte sein Verbleiben im Amt davon abhängig, daß die HBV sich von der BIM trennt. Ein entsprechender Antrag fand die Mehrheit.

Hinter dieser Rechnerei verbirgt sich jedoch Grundsätzlicheres, weiß Thiel: „Es geht um die Frage: Wie sollen in Zukunft Gewerkschaften arbeiten“ — eine Konfrontation zwischen Traditionalisten und Neuerern. Kernpunkt von Thiels Vorstellungen einer „effektiven, professionalisierten Gewerkschaftsarbeit“ ist das „Betreuungskonzept“. Die Betreuung der Betriebsräte soll danach zum großen Teil an Profis abgegeben werden. Das können laut Thiel je nach Sachlage JuristInnen sein, aber auch in Fragen des Umweltschutzes im Betrieb Organisitionen wie Green Peace.

Thiel will sich nicht mehr um das „Einmaleins“ der Betriebsratsarbeit kümmern, argwöhnt Kröger. „Die Betriebsräte sollen abgewimmelt werden“, meint auch Detlef Ströver, Vorsitzender der Fachgruppe Einzelhandel, in der 50 Prozent der 6.700 Bremer HBV-Mitglieder organisiert sind. Thiel und seinesgleichen wollten die Gewerkschaften zu einem Protitcenter machen und die Ehrenamtlichen weitgehend ausschalten, kritisiert Stöver. Seine Fachgruppe hatte für die Delegiertenversammlung einen Mißtrauensantrag gegen Thiel formuliert. Dem kam der Gewerkschaftssekretär allerdings zuvor: „Ich will mit diesem Vorstand nicht mehr zusammenarbeiten“, erklärte Thiel am Samstag und kündigte die Niederlegung seiner Funktion an. Rausschmeißen ließe er sich allerdings nicht. Er werde mit dem HBV- Hauptvorstand in Düsseldorf seine berufliche Zukunft klären. „Das kann alles sein“, so Thiel, „von einer Verwendung an einem anderen Ort bis zu meinem völligen Ausscheiden aus der HBV.“

Bevor er geht, will er Kröger allerdings noch wegen Rufschädigung verklagen. Kröger hat sich bisher geweigert, seine Anschuldigungen zurückzunehmen. Er sieht einer Klage „gelassen entgegen“. Der HBV ist allemal Schaden entstanden. Nach Bekanntwerden des Konflikts haben bereits mindestens zwanzig Mitglieder die Organisation aus Protest verlassen. Annemarie Struß-von Poellnitz

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