: Only spoken about!
■ Jenni Olson zeigt ihr kommentiertes Trailer-Programm aus 35 Jahren Homofilm
Sie kommen immer gleich nach der Werbung, haben meist den Drive eines Michael-Jackson- Musicclips und den Informationswert einer 'Bild‘-Schlagzeile. Im besten Fall machen sie mehr Lust auf Kino. Es geht um »Preview Trailer«. Um diese kleinen Filmschnipsel, mit denen die Verleiher ihre neuesten Kinoproduktionen ankündigen und die, wenn sie denn einmal wirklich ihren Zweck erfüllen, einen kleinen Hinweis auf Inhalt und Atmosphäre des vorgestellten Films geben.
Auch die filmbegeisterte Amerikanerin Jenni Olson gehört zu dem kleinen Kreis aufmerksamer Trailer- Beobachter. Die Veranstalterin eines großen Homo-Film-Festes in Minneapolis (US-Staat Minnesota) suchte und fand 27 Preview-Trailer, die Kinofilme mit homosexueller Thematik ankündigten.
Die Trailer wenden sich — wenn auch für Eingeweihte leicht zu dechiffrieren — ausschließlich an ein ahnungsloses, weil heterosexuelles Publikum. Dabei spiegeln sie — ganz Kinder ihrer Zeit — natürlich in unterschiedlicher Weise den jeweiligen Grad der Tabuisierung von schwuler oder lesbischer Sexualität wider. Während in den verklemmten Fünfzigern schon ein Toni Curtis mit Lockenwicklern Inbegriff übelster Verruchtheit war, erhob der Andy-Warhol-Trailer zu Heat 1972 Schwulsein zeitgemäß zum orgiastischen Bestandteil eines turbulenten Lebensgefühls.
Audrey Hepburn mußte sich 1962 für den Preview-Spot zu Infam gar verzweifelt auf James Garner stützen, anstatt mit Shirley MacLaine den Sonnenuntergang zu erklimmen, und die skandalös schwulen Andeutungen in Kubricks Spartacus wurden 1960 nach dem Prinzip »Wehe dem, der Böses dabei denkt« kurzerhand über-trailert.
In den Siebzigern — Deutschland hatte sich gerade von Oswald Kolle aufklären lassen — entdeckte Hollywood den Komiker im schwulen Manne und vermarktete das Rüschenkleid als Running-gag. Und so liebten sie sich hinfort in Ballkleid und wackeligen Pumps, damit das Volk etwas zu lachen hatte, waren schön und schrecklich tuntig.
Wie die Entwicklung des homosexuellen Films weiterging, wie die Trailer wurden, was sie heute sind und vieles mehr erzählt Olson auf Einladung des »Lesbischen und Schwulen Filmbüros« dieser Tage anläßlich eines mit Preview-Trailern bebilderten Vortrags und unter dem hübschen Titel »Homo Promo«. Ist das einstündige Trailer-Programm für sich genommen schon sehenswert und sehr erhellend, wird es in Verbindung mit den klugen und bissigen Kommentaren der Referentin zu einem ausgesprochen lehrsamen und unterhaltenden Vergnügen. Für alle, die durch diesen Mammut-Trailer dann mehr Lust auf Homo-Kino bekommen haben — und das ist durchaus denkbar —, zeigt das Babylon als Mitveranstalter der Reihe in den nächsten Tagen noch eine Auswahl neuerer Schwulen- und Lesbenfilme.
Zwischen dem 20. und 30. November gibt es ein Wiedersehen mit Lianna, Tootsie und Viktor/Victoria. Der schwule Horror wogt in Tony Scotts Begierde, Joe Orten hält immer noch »die Ohren steif«, und gewissermaßen als abschreckendes Beispiel deutscher Filmkultur darf Veit Harlans Anders als Du und Ich im Rahmen dieser Reihe sogar noch einmal eine Lanze für stramme Heterosexualität brechen...Sind wir Homos heute nicht wieder wahrhaft tolerant? Klaudia Brunst
HomoPromo — Die Vermarktung der Homosexualität im Film, Trailer-Programm mit Vortrag von Jenni Olson heute um 20 Uhr im Arsenal und morgen um 20 Uhr im Babylon. Ebenfalls ab morgen dann im Babylon »Homo Promo — Streifzug durch 35 Jahre Filmgeschichte«. Filme mit homosexueller Thematik und wechselndem Programm.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen