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Gute Nacht!-betr.: "Vereinigung, Disignergeschick" von Dieter Wellershoff, taz vom 8.11.91

betr.: „Vereinigung, Disignergeschick“ von Dieter Wellershoff, taz vom 8.11.91

Was soll ich von einem Artikel halten, bei dessen Lektüre mich die Ahnung überrascht, dem Autor sei die Kunst der letzten 20 bis 30 Jahre nur ein Prellbock seiner Unlust?

Es verärgert mich, wenn er mit der schon fast wieder aus der Mode gekommenen (und immer noch falschen) Kritik, der vollkommenen Selbstbezüglichkeit des Zeichensystems der Kunst, versucht sich gegenüber einem pseudo-kritischen Art Small Talk abzugrenzen, aber mit seiner Argumentationsweise eben genau in dieses Fahrwasser gerät! Deutlich unlustig ist es, wenn im Laufe des Artikels unmißverständlich klar wird, daß er mit seinem Begriff des Ästhetischen an der Beschreibung aktueller Kunst scheitert. Im Zusammenklang mit seinem Gedanken, er könne zu einem ungleich billigerem Preise diffenziertere (siehe Schluß!) Worte zur politischen Situation sprechen, bleibt von seinem „ästhetisch“ nur noch ein Bedauern über die verlorengegangene Schönheit und Handfertigkeit der Kunst vor dem 20.Jahrhundert übrig. Und dies scheint mir als Maßstab für eine Kritik an der Situation der Kunst heute mehr als dürftig. Wen oder was will er eigentlich kritisieren, wenn er „die Leute“ beschreibt, sie hätten Gesichter, gekennzeichnet vom Halbschlaf, wenn sie durch Ausstellungen gingen? Die dummen Betrachter, die schlechte Kunstvermittlung, die Kunstwerke, sich selbst? Jedes Kaufhaus, Großraumbüro oder U-Bahnabteil bietet in punkto Halbschalf die gleichen Ergebnisse!

Der Künstler hat zur politischen Situation nicht geredet, gerade weil es besser ist, neue Gestaltungen zu erfinden und nicht zweckrational eine Arbeit auf geistigen Gewinn (gräßlich!) hin zu produzieren, womöglich noch als Illustration von „richtigen“ politischen Ideen.

Wellershoffs politische Ideen sind ja auch schon bebildert von den Fernsehsendern, er braucht also selbst hier keine Künstler mehr. Was will er von der Kunst noch? Wer in den Veränderungen der deutschen Länder nicht auch gerne eine Entwicklung hin zu mehr Ausdifferenzierung des demokratischen Prozesses gesehen hätte, ist letztendlich nicht anders als politisch rückwärts gewandt zu bezeichnen! Und als Entschuldigung dafür bietet er nur die flüchtende konsumierende und schweigende Mehrheit an. Gute Nacht! Hans-Peter Scharlach,

Hamburg

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