: Seitenhieb ging daneben-betr.: "Wir Lesben - ein Volk", taz vom 13.11.91
betr.: „Wir Lesben — ein Volk“ von Susanne Kappeler,
taz vom 13.11.91
Leider ein unangenehm polemischer Artikel. Der Seitenhieb gegen Wolfgang Thierse ging völlig daneben:
1.Ist Dir entgangen, daß Wolfang Thierse einer der ganz wenigen Politiker ist, der die psychologische Seite der deutschen Einheit („Ängste, die mein Herz bewegen“) mitbedenkt? Und was soll der Unsinn, Thierse hätte sich das Suchen nach der eigenen Identität von den Feministinnen abgeguckt?
2.Du spielst politisches Handeln gegen innere Konfliktbewältigung aus. Du trennst — noch dazu schulmeisterlich —, was zwei Seiten derselben Medaille sind. Du willst äußerliche Aktion ohne innere Motivation.
3.Ebenso konstruierst Du einen Gegensatz zwischen rassistischen Aktionen und den Ängsten der Rassisten. Nebulös schon Deine Formulierung. Die Rassisten sind eben da — unterstellst Du — und die einzige Möglichkeit, diese in den Griff zu bekommen, heißt: Bestrafung. Ja, Rassisten müssen bestraft werden! Aber Du tabuisierst, daß keiner als Rassist auf diese Welt kommt. Wie wird man zum Rassisten? Das rauszukriegen hat mit dem Suchen nach der eigenen Identität und innerer (auch und gerade emotionaler) Selbstbefragung zu tun. [...] Schade, daß Du in Klischees verfallen bist. Christof Elger, Dresden
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