: Der schwule Engel
■ „Solange sie es heimlich tun“, ZDF, Mittwoch, 22.00 Uhr
Eingeklemmt zwischen Fußballgöttern aus Brüssel und Jesus von Montreal zeigte das ZDF am Buß- und Bettag Irdisches und Kirchliches zugleich: die Geschichte von Herbert Engel, der schwul ist und den die Evangelische Landeskirche Baden deshalb nicht als Pfarrer angestellt hat. Der Film von Ute Wagner-Oswald Solange sie es heimlich tun — Wenn der Pfarrer einen Mann liebt bestätigte eine Menge Vorurteile gegen kirchliche Doppelmoral.
„Ich bin schwul, nicht homosexuell. Homosexuell klingt so nach Krankheit“, sagt Herbert Engel. Nach seinem kirchlichen Coming- out heißt es, die Landeskirche stelle schwule Pfarrer ein, solange sie nicht mit ihrem Freund im Pfarrhaus lebten. Doch nach neun Jahren Studium und eineinhalb Jahren Vikariat legte die Kirche Engel aufs Kreuz: keine Anstellung.
Der Vertreter der Landeskirche windet sich vor der Kamera. Man habe Engel nicht die Ordination versagt, weil er homosexuell sei, sondern weil er seine Beziehung öffentlich gemacht habe. „Die Ehe ist die in der Bibel gebotene Lebensform. Öffentliche Proklamierung anderer Lebensformen geht auf Kosten der Ehe.“ (Was macht die evangelische Kirche dann eigentlich mit Pfarrern, die Single bleiben wollen?)
Die Schizophrenie dieser Kirchenmeinung macht Engels Freund Michael deutlich, der sich nur von hinten filmen läßt, weil er zu allem Überfluß katholischer Theologe ist und sich keine Verstöße gegen die „sittliche Lehre der Kirche“ leisten darf. Die Landeskirche Baden hätte Engel angestellt, wenn er heimliche Beziehungen mit wechselnden Partnern gehabt hätte — eine feste und öffentliche Beziehung konnte sie nicht akzeptieren. Der schwule Pfarrer, der keiner sein darf, sitzt inzwischen im Vorstand der Gruppe „Homosexuelle und Kirche“ und arbeitet beim Gesundheitsamt Köln in der Aids- Beratung. Der Film läßt fast nur die Betroffenen zu Wort kommen. Die Geschichte wird im Interview erzählt, kurze Zwischentexte stellen den Zusammenhang her, den man erst spät begreift. Eine blöde Frage („Ließ sich die Homosexualität nicht in Heterosexualität umfunktionieren?“) sei der Autorin bei ihren sonst einfühlsamen Gesprächen verziehen. Doch fehlte der Hinweis auf den Widersinn der Kirchen, Schwule zwar als Randgruppen zu betreuen, ihnen aber gleiche Rechte zu verwehren und sie so zu einer Randgruppe zu stempeln. Zum Schluß bekommt der Engel noch seine Flügelbegleitung und singt „Es hat keinen Sinn mehr, als Büßer zu beten, als einem Pfaffen auf die Füße zu treten — die Zeiten sind vorbei.“ Schön wär's ja. Bernhard Plötter
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