Für Mädchen Spray, für Jungs Pistolen

■ Von über 30.000 Berlinern, die sich bei der Polizei über die Genehmigung von Waffen informierten, waren nur 1.000 Frauen/ »Angst, dem Täter weh zu tun«

Berlin. Die Berliner rüsten weiter auf. Die Nachfrage nach Gaspistolen und Schreckschußwaffen ist so groß, daß die Händler ernsthafte Nachschubschwierigkeiten haben. Nach Schätzungen von Fachleuten wandern wöchentlich weit über tausend Böllermänner zu angeblichen Selbstverteidigungszwecken über die Verkaufstische. Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht. »Die Polizei hat noch nicht einmal einen Überblick darüber, wie viele Waffengeschäfte im Ostteil der Stadt existieren, geschweige denn die Möglichkeiten, diese Händler zu kontrollieren, weil uns die Personalkapazitäten dafür fehlen«, bedauert Polizeigewerkschafter Thronicker auf Anfrage.

Seit dem 3. Oktober 1990 erkundigten sich über 30.000 Berliner bei der Polizeiabteilung für waffenrechtliche Angelegenheiten nach den Voraussetzungen für die Genehmigung einer Gas- oder Schreckschußwaffe beziehungsweise für ein scharfes Schießeisen. Die Tatsache, daß 29.000 Anrufer Männer waren, erklärt sich der Leiter der Polizeiabteilung Hans-Günther Leiser damit, daß Frauen eine größere Distanz zu Waffen hätten. Während Gas- und Schreckschußwaffen nicht erlaubnispflichtig sind, muß für eine scharfe Waffe ein Waffenschein beantragt werden, der nur bewilligt wird, wenn der Antragsteller mehr als andere gefährdet ist. 300 Waffenscheine wurden bislang bewilligt. Die Mehrzahl waren Sicherheitsunternehmen und einige sogenannte »gefährdete Personen«.

»An Schreckschußwaffen wollen die Damen in der Regel nicht ran«, berichtet der Schöneberger Händler für Verteidigungswaffen Günther Wolf. »Die meisten entscheiden sich für das Tränengas, weil sie damit weniger Schwierigkeiten haben, ihren inneren Schweinehund zu überwinden«, glaubt er. Der Zehlendorfer Waffenhändler Klaus-Dieter Wurl guckt sich seine Kundinnen erst einmal genau an, bevor er sie berät. »Wenn es ein stabiles Mädchen ist, empfehle ich eine Gasdose.« Schüchternen Frauen, »für sie ist meist alles zuviel, im Notfall machen sie selbst die einfachsten Dinge verkehrt«, rät er, in der S-Bahn lieber zu zweit zu fahren. Auch der Waffenhändler Dieter Wiedenhoff im Europazentrum empfiehlt seinen Kundinnen eher das Spray. »Damit können die Frauen nicht viel falsch machen, weil sie es aus dem Haushalt kennen.« Außerdem hat Wiedenhoff festgestellt, daß die meisten Frauen »Angst haben, dem Täter weh zu tun«.

Die Männer sind da weniger zimperlich. Sie fordern von vornherein eine Gas- oder Schreckschußpistole. Auch wenn der Kauf in der Regel mit der zunehmenden Unsicherheit in Berlin begründet wird, wittern die Händler dahinter meist andere Gründe. Vor allem Jugendliche wollten mit den Waffen wohl eher vor ihren Freunden protzen.

Polizeiabteilungsleiter Leiser findet es fatal, daß Gas- und Schreckschußwaffen nicht erlaubnispflichtig sind, weil sie bei falscher Handhabung lebensgefährliche Verletzungen hervorrufen können und mit technischem Sachverstand auch scharfgemacht werden können. Sein Leitsatz: »Je weniger Waffen im Umlauf, um so günstiger die öffentliche Sicherheit.« plu