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Improvisation und Ethnokult

■ Die »Stakkato-Tage« dieses Jahr als buntes Einer- und Allerlei

Am Samstag abend eröffnete ein Quartett um den englischen Saxophonisten Lol Coxhill die »Stakkato-Tage« im ehemaligen Kaufhaus Kato am Schlesischen Tor.

Die beiden Bauer-Brüder, Johannes an der Posaune, Matthias am Kontrabaß, und Martin Blume am Schlagzeug vervollständigten das Quartett, das sich der gänzlich freien Improvisation widmete. Ohne jegliche Vorabsprache entstehen intensive Kommunikationsfäden, vertrackte Bilder, oder Coxhill spielt Erzählerisches auf seinem Sopransaxophon.

Martin Blume legt rhythmische Muster und Akzente unter die oftmals perkussiven Gesprengsel seiner Kollegen, was bisweilen Probleme mit der Raumakustik schafft — Stakkato und allzu dicht Gespieltes wird im Kato leider oft vom Hall verwischt wie frische Tinte. Johannes Bauer an der Posaune sorgt derweil auch mal für Lustiges, bezieht Atemgeräusche mit ein, spielt im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Mehrklangpassagen und weiß auch zu pausieren.

Den eigentlichen Höhepunkt des Quartetts bildeten aber zwei Baß- Soli Matthias Bauers — berauschend, was dieser Musiker seinem angeblich behäbigen Instrument an agilen Klängen zu entlocken vermag. Dann setzt er auch noch die Stimme dazu ein, singt, spricht, ruft, wendet mit seinen Körperaktionen das Spiel fast ins Theatralische — und das nach einem ausgefeilt-expressiven Solo mit dem Bogen hinterm Steg.

Den zweiten Teil des Abends gestaltete der amerikanische Jazzpianist Bobby Few mit einem über einstündigen Klaviersolo. Durchsetzt von Gesangseinlagen, die wieder mal dem guten alten Blues gewidmet sind, zeigt er ein Klavierspiel, das sich in allen postmodernen Jazz-Facetten nicht von der oberen Geschwindigkeitsgrenze zu lösen vermag.

Seien es Tonleitern, Clusterfolgen, hin- und hergeschobene Ouartakkorde oder Sonstiges, »je schneller, desto besser« scheint die Devise des Pianisten in allen Bereichen zu sein. Nur die Stücke dehnen sich monoton dahinschwingend ins Endlose. Schade, daß da ein technisch so hochversierter Pianist die Musik vergessen hat. Da halfen auch Entertainment-Einlagen nicht über eine heimliche Leere hinweg.

Den Abschluß des Abends übernahm Jay Oliver am Baß gemeinsam mit dem afrikanischen Trommler Abdouraman Diop. Dieser spielte vier congaartige Trommeln, die sowohl mit der Hand als auch mit Hilfe eines Stocks geschlagen werden.

Abdouraman Diop hat gleich den Draht zum Puplikum, steht breit lachend vorne, spielt virtuose Schlagketten, und es dauert nicht lange, bis er die Call-and-response-Spielchen Bobby Fews glaubt fortführen zu müssen. Dazu setzt er noch seine Stimme ein und variiert sie von rezitativ-rhythmischem Sprechgesang über akzentuierende Ausrufe bis hin zu muselmanisch anmutenden Gesangsfloskeln. Das Publikum macht eifrig mit und weiß auch kurz vor der Selbstverleugnung anzusiedelnde Kultur-Exhibitionismen wie das Trommel-Neger-Klischee dankbar aufzunehmen.

Jay Oliver hält sich da brav und bescheiden zurück, spielt auf lockere Weise eher Konservatives und frönt mit großer Musikalität der Schönheit und Wärme seines Baßklangs.

Ein ziemlich gespaltener Abend, waren doch die Unterschiede zwischen dem improvisierenden Quartett, dem Entertainment-Geschwindigkeits-Pianisten und dem Ethno- Schlußpunkt kaum unter einen Hut zu bringen. Fred Freytag

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