: Neu in der Schauburg: "Toto der Held"
Ein Held ist Thomas nur als Kind und als alter Mann. Mit acht Jahren ist er davon überzeugt, daß er gleich nach der Geburt mit seinem reichen Nachbarn Alfred vertauscht wurde, und in seiner Phantasie sorgt er als Geheimagent Toto für Gerechtigkeit in der kleinen belgischen Vorstadtsiedlung. Mit sechzig Jahren macht er sich mit der gleichen Phantasie und den großen Gefühlen aus seiner Kindheit auf, um sich das Leben zu holen, daß eigentlich seines hätte sein sollen. Dazwischen kriecht er nur durch seine triste Existenz, in der „nie etwas passiert ist“.
Kann man aus solch einer pessimistischen Lebensgeschichte einen spannenden, klugen, poetischen und oft sehr komischen Film machen? Genau das hat der belgische Regisseur Jaco Van Dormael mit seinem ersten Spielfilm geschafft. Er verschachtelt in „Toto Le Heros“ die Szenen aus den drei Lebensphasen von Thomas so geschickt mit Traumbildern, in denen plötzlich sogar Tulpen bei Schlagermusik zu tanzen anfangen, daß man immer gebannt darauf wartet, was als nächstes passiert. „Peng“ sagt der wunderbare Michel Bouguet als alter Thomas, und schießt mit dem Finger direkt in die Kamera; „Boum“ heißt das alte Chanson, zu dem der Traum des kleinen Thomas von eine glücklichen Kindheit vor unseren Augen Gestalt annimmt. Van Dormael ist ein Virtuose des „Buu-Effekts“ und er hat eine kindliche Freunde daran, daß Publikum zu überraschen und an der Nase herumzuführen. So führt gleich die erste Einstellung auf eine falsche Fährte — daß stellt sich aber erst am Schluß des Film heraus. Durch diesen spielerischen Grundton bekommt der Film eine Leichtigkeit, die aber das armselige Leben von Thomas nicht leichtfertig abhandelt, sondern im besten Sinne des Wortes aufhebt.
Wie präzise und phantasievoll Dormael mit der Kamera arbeitet, merkt man auch an den Szenen mit dem alte Thomas, die im Jahre 2027 spielen und in denen er mit wenig Aufwand eine düstere, ärmliche Zukunft beschreibt. Ganz so originell wie es scheint, ist „Toto“ allerdings doch nicht: in seiner Struktur erinnert er sehr an die britische TV Serie „The Singing Detective“, „Blue Velvet“ und „Vertigo“ werden sogar direkt zitiert. Aber diese Spurensuche erhöht nur den Spaß am Film, und meistens ist Van Dormael der unangefochtene Held seines Filmes. Zum Schluß inzeniert er sogar den Tod als euphorisch pantheistisches Happy End. So etwas gab es nach meiner Meinung noch nie auf der Lein
Hier die
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übereinander
wand.
Wilfried Hippen
In der Schauburg, um
16.30, 18.30 und 21.00 Uhr
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