Bremer Baulöwen haben Hunger

■ Bauunternehmer verlangen mehr Baugrund und weniger staatliche Auflagen

Nach dem Verband der ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften (vgl. taz vom 27.11.) richten jetzt auch die privaten Bremer Wohnungsbauunternehmen ihre Forderungen an die sich anbahnende Ampel-Koalition. Ohne schnelle und radikale Änderung der staatlichen Richtlinien drohe Bremen innerhalb von zwei Jahren der „Wohnungsbauinfarkt“, klagte gestern Karl H. Grabbe, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft freier Wohnunsbau“. Bliebe alles beim Alten sei schon 1993 mit Kosten- Kaltmieten von fast 40 Mark pro Quadratmeter in Neubauwohnungen zu rechnen — „wir warnen vor den sozialen Folgen“, sagte Grabbe.

Bereits in den letzten zwölf Monaten sei die Zahl der eingereichten Bauanträge in Bremen um 30 Prozent zurückgegangen. Außerdem würden weitere 30 Prozent der genehmigten Bauvorhaben gar nicht mehr umgesetzt. Die Gründe: zu lange Planungsfristen, zu große Erschließungsflächen, zu viele verpflichtende Naturschutz-Ausgleichs- und Lärmschutzmaßnahmen, zu unklare Stadtplanung.

Müßten alle 16.300 neuen Wohnungen, die Senat und Ampel-Koalition bis zum Jahr 2.000 für erforderlich halten, auf den bisherigen Mietdurchschnitt von 9 Mark je Quadratmeter heruntersubventioniert werden, wäre ein jährlicher Staats-Zuschuß in Höhe von 530 Millionen Mark erforderlich. „Die Finanzierung dieser Beträge erscheint bei der derzeitigen Haushaltslage unmöglich“, meinte Grabbe.

Als ersten Schritt fordern die Bauunternehmer die Ausweisung von mindestens 78 Hektar neuem Wohnungsbaugrund pro Jahr. In Bremen hätten 1990 dagegen nur 23,2 Hektar zur Verfügung gestanden. Eine Bebauung von Baulücken sei zwar wünschenswert, praktisch aber kaum machbar, da selbst staatliche Baugebote zumeist nur in jahrelangen Prozessen gegen Anlieger oder Erbengemeinschaften durchgesetzt werden könnten.

Auch bei den ökologischen Vorschriften für Neubau-Vorhaben müsse „eher ab- als aufgerüstet werden“, kritisierte Grabbes Vorstandskollege Michael Bongartz. Allein durch Bremer Sonderanforderungen an Lärmschutz und Wärmedämmung würden rund 400 Mark zusätzliche Kosten je Quadratmeter Neubauwohnfläche entstehen. Gleichzeitig vermißten die Bauunterneh-

mer in den vergangenen vier Jahren eine „straffe Führung des Bauressorts“.

Positiv sei dagegen das Beispiel Niedersachsens. Dort hätten sich die ehemaligen gemeinnützigen mit den privaten Wohnungsbaugesellschaften und die Landesbausparkasse in einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen, an der auch Ministerpräsident Gerhard Schröder regelmäßig teilnehme. Der habe jetzt zum Beispiel vorgeschlagen, große öffentlich geförderte Wohnungen, in denen nur noch eine einzige Person wohnt, mit einer Belohnung von 30.000 Mark für Familien freizumachen. „Die Wohnungsbaupolitik muß auch in Bremen zur Chefsache erklärt werden“, forderte Grabbe.

Ase