Schamir versucht geordneten Rückzug

■ USA beharren auf Nahosttreffen am 4. Dezember/ Israel signalisiert Kompromißbereitschaft

Washington/Tel Aviv (afp/wps/ taz) — Die Weigerung der israelischen Regierung, zu dem von den USA vorgeschlagenen Termin für die bilateralen Gespräche mit den arabischen Staaten in Washington zu erscheinen, hat die US-Regierung nur scheinbar nachgiebig reagieren lassen. Die zögerliche Antwort des israelischen Kabinetts auf die Einladung nach Washington wurde als „Zusage“ zu den bilateralen Nahostgesprächen „begrüßt“, während man sich im Hinblick auf den Termin in Washington auf Sachzwänge berief.

Selbstverständlich sei nichts gegen eine Verschiebung der Gespräche einzuwenden, hieß es in Washington, doch sei eine Terminänderung nur in Abstimmung mit allen Beteiligten möglich. Das hieß im Klartext: keine Änderung des Termins. Die libanesische und die palästinensische Delegation hatten ihre Ankunft am 4. Dezember schließlich bereits zugesagt. Syrien und Jordanien beeilten sich daraufhin zu bekräftigen, daß ihre Delegationen ebenfalls am 4. Dezember in Washington bereitstehen würden.

Gestern war die israelische Regierung also erneut am Zug — und angesichts der Gefahr, für einen Zusammenbruch der fragilen Konstruktion der Nahostgespräche verantwortlich gemacht zu werden, entschloß sie sich einzulenken. Wenn die amerikanische Regierung trotz der Bitte um einen Aufschub von fünf Tagen am 4.Dezember festhalte, werde Israel seine Position noch einmal überdenken, erklärte gestern nachmittag ein hoher Beamter im Jerusalemer Außenministerium. Zuvor hatte eine Sprecherin der israelischen Botschaft in den USA bereits Kompromißbereitschaft angedeutet: Der Wunsch nach einem späteren Beginn der Gespräche „schließt ein Treffen am 4. Dezember nicht aus“. — Zweifellos wollte man es in den USA Staaten nicht zu einer Konfrontation mit Israel kommen lassen, da dies womöglich eine Regierungskrise in Jerusalem, vorgezogene Neuwahlen und somit eine monatelange Verzögerung des Beginns bilateraler Verhandlungen hätte bedeuten können. Andererseits konnte die amerikanische Regierung dem israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Schamir seine durchsichtige Verzögerungstaktik nicht durchgehen lassen, weil auch das dazu hätte führen können, daß die Nahostkonferenz in der Sackgasse endet, noch bevor sie richtig begonnen hat. Schamir und sein Außenminister Levy müssen nun zusehen, wie sie von der hohen Palme wieder heil herunterkommen, die sie mit ihrer Zurückweisung der amerikanischen Terminplanung vorgestern erklommen haben.

Die israelische Regierung spielt jedenfalls auf Zeit. Sie sucht den Beginn der eigentlichen Verhandlungen soweit wie möglich in den Januar nächsten Jahres zu verschieben. Dann steht in den USA die Entscheidung über die amerikanische Garantie eines Kredits von zehn Milliarden Dollar an Israel an. In dieser Frage war es bereits im letzten Sommer zu schweren israelisch-amerikanischen Verstimmungen gekommen. In Israel befürchtet man, daß die dringend benötigte Kreditzusage erneut als Hebel gegen die israelische Unnachgiebigkeit in den Nahostverhandlungen eingesetzt werden könnte. „Schamir glaubt, daß er schon für die Beteiligung an den Washingtoner Gesprächen eine Belohnung bekommen muß — aber bevor es zu einer sachlichen Diskussion über die Konzessionen kommt, die von Israel verlangt werden“, hieß es gestern im Kommentar der israelischen Zeitung 'Ha'aretz‘. A.W.