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Grüne Mitgliederversammlung will sparen

■ Debatte um den Koalitionsvertrag endete mit populärem Beschluß für nur zehn Senatsposten

Viele haben am Samstag wenigstens mal reingeschaut, als die Grünen zur Beratung des Koalitionsvertrags ins Konsul-Hackfeld-Haus geladen hatten. Da eine Entscheidung über das Ja (oder eben auch Nein) zur Ampel-Koalition erst am kommenden Samstag parallel zu den Parteiversammlungen von SPD und FDP fallen soll, war die Stimmung gelassen bis gelangweilt.

Die meisten waren schon wieder weg, als am Ende doch noch abgestimmt wurde: Mit 19 gegen 17 Stimmen lehnten es die Grünen ab, einen Zuschlag für die Senatorin für Kultur, Ausländerintegration und Jugendarbeit zu fordern. Eine deutliche Mehrheit der ca. 40 Anwesenden wollte aber, daß nachverhandelt wird über die Anzahl der Senatoren-Posten: Elf sei „nicht vermittelbar“, hatten einige Redner kritisiert.

Was das bedeuten könnte, war allerdings nicht beredet worden. Der Antragsteller, der Sozialrichter Horst Frehe, hatte das Sozialressort für die Grünen „gefordert“. Das würde neben der auswärtigen SPD-Kandidatin Irmgard Gaertner auch den Frauenproporz auf der SPD-Bank kippen — „für uns kein Thema“ stellte am Sonntag sofort der SPD-Vorsitzende Horst Isola klar. „Ein heikler Beschluß“, räumte denn auch die Grünen-Vorständlerin Ulla Schaarschmidt ein.

Begonnen hatte die Grünen- Versammlung mit einem Bericht des Finanzexperten Ralf Fücks. Die Bremer Ampel-Koalition steht für den designierten Umweltsenator in den nächsten zwei bis drei Jahren vor einer „finanziellen Durststrecke“. Während der Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP seien „mehr Leichen im Keller“ entdeckt worden als erwartet, sagte Fücks. So sei für den Wohnungsbau vom alten SPD-Senat über 1992 hinaus in der mittelfristigen Finanzplanung kein Pfennig vorgesehen gewesen, obwohl bis zum Jahre 2000 rund 16.000 neue Wohnungen entstehen sollen. Auch für den Abfallwirtschaftsplan gebe es weder ein Finanzkonzept noch eine mittelfristige Finanzplanung.

Bei der BSAG sei ein „exponentieller Anstieg“ der Zinslast absehbar, weil in den vergangenen Jahren auf Pump gekauft wurde. Erst in drei Jahren, wenn der Länderfinanzausgleich in Bonn neu geregelt sei, „wissen wir, ob in Bremen alle Lichter ausgehen oder ob wir wieder finanzierbare Politik machen können“.

Über die knappe Austattung des Frauenressorts gab es nur eine kurze Aussprache, lange Zeit nahm dafür eine Neuauflage des grünen Streits um die Schulpolitik ein. Manager und Funktionsträger der Wirtschaft wünschten durchgängige Gymnasien, „dies ist aber nicht das Klientel der Grünen“, hatte ein Lehrer im Mitgliederrundbrief der Grünen formuliert.

Scharf wurde die Diskussion, als es schließliich um das Helga Trüpel zugedachte Ressort ging. „Puppenstubenressort“ schimpfte Horst Frehe: „Es wird von diesem Ressort überhaupt nichts ausgehen.“ Er sah Essentials grüner Politik im Bereich des Sozialressorts, das den Grünen angeboten worden sei: „Wer zu feige ist, Soziales mitzumachen, der soll sein Senatorengehalt zurückgeben.“

Die Grünen seien auch „zu feige“ gewesen, das Finanzsressort zu übernehmen, konterte Verhandler Dieter Mützelburg. Hartmut Häußermann erklärte, die Grünen sollten nicht die Anzahl der Beamten eines Ressorts mit seiner Bedeutung verwechseln. Im Sozialbereich seien die finanziellen Mittel gesetzlich festgelegt. Bei der Ausländerintegration und der Jugendpolitik gehe es hingegen um wesentliche gesellschaftliche Fragen, bei denen die Grünen etwas bewegen könnten.

Ungeteilt schien die Stimmung des grünen Restes auf der Versammlung schließlich nur bei der Frage „zehn oder elf“ Ressorts. K.W.

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