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Abrutschen in Richtung Boulevard?

■ »Frohe Feste« von Alan Aykbourn im Magazin am Kurfürstendamm

Drei Pärchen treffen sich alljährlich am Weihnachtsabend zu einem Umtrunk. Man plaudert belangloses Zeug, steht dumm in der Gegend herum, kämpft mit den alltäglichen Problemen und versucht bei alledem, heiter und gelassen den Abend hinter sich zu bringen: Frohe Feste, eine der meistgespielten Komödien von Alan Aykbourn.

Das erste Treffen spielt in den 60er Jahren in der bonbonfarbenen Küche von Sydney und Jane Hopcroft. Er (Markus Majowski) versucht hysterisch, es allen recht zu machen; sie (Christine Brigl) hat einen Putzfimmel und bewährt sich nur mit einigen Schwierigkeiten als Hausweibchen ohne Makel.

Bei der zweiten Begegnung in der Küche von Geoffrey und Eva Jackson sind einige Jahre vergangen, wir befinden uns in der Gegenwart. Die Gäste kommen ungelegen, da sich Geoffrey (Rainer Winkelvoss) gerade von Eva (Nela Bartsch) trennen möchte und sie pausenlos versucht, sich umzubringen.

Schließlich das dritte Treffen (nun in der Zukunft) in der unbeheizten Küche von Ronald und Marion Brewster-Wright: Er (Uwe Büschken) durch einen Stromschlag in der Küche der Jacksons am Arm gelähmt, erträgt nur mühselig das Auftauchen der Gäste. Sie (Eva Manschott) ist alkoholabhängig und in einer Lebenskrise. Das Treffen endet mit dem Zusammenbruch fast aller anwesenden Personen: Nur Sidney und Jane Hopcroft sind weiterhin guter Dinge.

Diese Komödie von Alan Aykbourn (den Peter Zadek vor Jahren fürs deutsche Theater entdeckte) entpuppt sich auf der Bühne im Magazin als flau und belanglos. Der Text bedient von Anfang bis Ende altgediente Klischees und läßt die Entwicklung der Personen und ihrer Geschichte schon bei den ersten Sätzen erahnen. So geht alles seinen vorhersehbaren Gang: Aufstieg und Fall im Berufsleben, Entfremdung und Versöhnung in der Ehe, Alkoholismus und Depression privat.

Die SchauspielerInnen unter der Regie von Folke Brabant spielen, als ob sie dieses Stück als Eignungsprüfung für die Bühnen der Nachbarschaft (Komödie und Theater am Kurfürstendamm) betrachten: Boulevard, Boulevard, Boulevard. Einzige Ausnahme ist die Szene, in der Nela Bartsch mit allen Mitteln, aber ohne Erfolg versucht, sich selbst zu töten. Das ist wirkliche (weil tragische) Komik ohne den sonstigen Würgegriff, auf Teufel komm raus komisch sein zu wollen.

Das Bühnenbild von Christiane Nöfer ist funktional und geschmackvoll und zeigt, daß es im Magazin möglich ist, eine dem Stück angemessene Atmosphäre zu schaffen. Auch ganz witzig: Die Umbauten werden von Weihnachtsmännern im Kostüm besorgt.

Letztendlich bleibt die Frage, warum sich Der Menschenfeind (erste Produktion 1990) über die Mutation Der Elephantenmensch (Sommer '91) unbedingt in einen Weihnachtsmann verwandeln mußte — das Abrutschen des »Magazins« in Richtung Boulevardtheater (dessen Angebot ja schon von den Bühnen in der Nachbarschaft geleistet wird) scheint auf jeden Fall der falsche Weg. Denn daß die SchauspielerInnen und die Regie talentiert sind, merkt man auch in dieser etwas mißglückten Produktion. So bleibt nur als Tip für die Wunschliste: wieder bessere Stücke! Vielleicht wird ja dann der nächste Abend ein »Frohes Fest«. York Reich

»Magazin«, Ku'damm 206, Dienstag bis Samstag, 20.30 Uhr

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