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Der halbe Putsch von Togo

■ Die putschenden Militärs erringen Teilerfolg/ Frankreich hält sich zurück

Berlin/Lomé (taz/afp/ap) — Am Stadtrand von Lomé, wo die Grenze zwischen Togo und Ghana verläuft, entsteht gegenwärtig ein Stacheldrahtzaun. Wie in alten Diktaturzeiten soll er verhindern, daß Togolesen in das Nachbarland ziehen. Denn in den letzten Tagen sind Bewohner Lomés, die zum Ewe-Volk gehören, zu Hunderten vor den Wirren in ihrer Hauptstadt zu Familienangehörigen nach Ghana geflüchtet — obwohl die Grenze eigentlich gesperrt ist.

Der am Mittwoch begonnene Militärputsch in Togo hat sich nämlich mittlerweile zu einem verwirrenden Ränkespiel gesteigert. Bei seinen Gesprächen sowohl mit Premierminister Koffigoh wie auch mit den Putschisten, die Koffigohs Amtssitz umlagerten, hatte der amtierende Staatspräsident und Ex-Diktator Eyadema am späten Freitag abend einen Verhandlungserfolg erzielt. Er forderte Koffigoh auf, Konsultationen „mit allen politischen Gruppen des Landes“ zur Bildung einer „Regierung der Nationalen Einheit“ aufzunehmen — also einschließlich der am Dienstag verbotenen ehemaligen RPT, der Einheitspartei der Diktatur. „Im übrigen wiederholt das Staatsoberhaupt seinen Aufruf an die Soldaten, die strategische Punkte in der Hauptstadt besetzt halten, in ihre Kasernen zurückzukehren“, hieß es in Eyademas Erklärung. Gleichzeitig meinte der Präsident, eine Intervention Frankreichs — das noch am selben Tag 300 Soldaten nach Benin geflogen hatte — sei „im Augenblick“ unnötig.

„Wir sind nur teilweise zufrieden“, erwiderten am Samstag morgen die Putschisten in einem Radiokommuniqué und wiederholten ihre Forderung, den „Hohen Rat der Republik“ aufzulösen, der seit der Nationalkonferenz vom August die Regierungsgeschäfte führt und demokratische Wahlen vorbereitet. Dann zogen die Panzer vor Koffigohs Amtssitz ab — nur um am Abend des gleichen Samstags wiederzukehren.

Frankreich, das offenbar auf Eyademas Vermittlungserfolg gesetzt hatte, entschloß sich daraufhin zur Entsendung von dreißig Soldaten — in Zivil. Sie trafen am Samstag abend in Lomé ein. Während sie offiziell nur die französische Botschaft schützen sollten, haben sie nach Rundfunkangaben auch an strategisch wichtigen Plätzen der Hauptstadt Position bezogen.

Gestern morgen riegelte wie gehabt aufständisches Militär das Regierungsgebäude von Lomé ab. Die Grenzen blieben geschlossen, in den Straßen herrschte gespannte, verängstigte Ruhe. Am Mittag begann angeblich ein erneuter Teilrückzug — doch blieb gestern nachmittag die endgültige Haltung der Putschisten weiter unklar.

Togos Interimsregierung wertete die konfuse Lage als einen Erfolg der Kräfte der Diktatur und machte Eyadema dafür verantwortlich. Arbeits- und Jugendminister Horatio Fretas erklärte gestern, der Präsident wolle wieder die ganze Macht übernehmen. „Wenn er in Togo Erfolg hat, dann wird er einen Präzedenzfall schaffen. Überall in Afrika werden dann diese Diktatoren ein Comeback versuchen.“ D.J.

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