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Dissident bzw. Dorftrommler

■ Zwei Jahre „Roots Nights“ im Schlachthof: „Den Gesamthörer gibt es noch nicht“

In wenigen Wochen geht die „Roots Nights“-Reihe des Schlachthofs in ihr drittes Jahr. Heute abend findet das 20. Konzert statt: ein Auftritt der amerikanischen Klezmer- Gruppe „Brave Old World“. Die Taz sprach mit dem Initiator der Reihe, Jürgen Schmitz.

taz: Ethno-Musik hat schon seit längerem Hochkonjunktur, nicht nur im Schlachthof. Braucht's da überhaupt eine Roots-Reihe?

Jürgen Schmitz: Die Musik ist sicher auch ohne die Reihe präsent, aber wir bieten ihr einen verläßlichen Ort. Diese Reihe für volksnahe, gelebte Musik, für Musik jenseits spezieller Fan-Vorlieben, soll klarmachen, was den indischen Dorftrommler mit, sagen wir, den „Dissidenten“ verbindet. Nur eine Reihe kann auch die Bezüge zwischen „Mara!„, Elena Ledda und zum Beispiel „Blowzabella“ offenlegen oder die Klezmer-Musik zeigen als die paneuropäische Musik überhaupt.

Hat sich dieser Anspruch erfüllt?

Teilweise. Jedem, der sich für die „Roots Nights“ interessiert, ist inzwischen wohl klar geworden, daß auf die Qualität der einzelnen Konzerte Verlaß ist. Andererseits hat eine tendenzielle Auflösung der Publikumserwartungen nicht stattgefunden. Wir haben nur vereinzelte „Gesamtzuhörer“, die mehr oder weniger regelmäßig kommen. Ansonsten ist Afrika der Renner, und alles, was gerade angesagt ist, wie Nusrat Ali Khan oder der bulgarische Frauenchor. Den Weltmusikfan gibt es nur vereinzelt, die Intention, ihn zu erziehen, ist Illusion.

Das wäre ja auch ein reichlich pädagogischer Ansatz.

Sicher, ein bißchen Pädagogik ist da mit drin. Aber dem Zuhörer, der alles, was irisch ist, irgendwie geil findet und alles andere uninteressant, dem kann man ja mal vorführen, welche saustarken Klänge es in den anderen Teilen der Welt noch gibt.

Eine solche Reihe muß zwangsläufig zum Subventionsbetrieb werden. Wie haltet ihr euch finanziell über Wasser?

Von den bisherigen 19 Konzerten haben sich nur fünf selbst getragen; von den 10.000 Mark Defizit im laufenden Jahr deckt die Kulturbehörde die Hälfte, den Rest zahlt der Schlachthof. Das schließt teure Sachen natürlich aus, da trau ich mich nicht ran. Ich hab schon jetzt oft ein schlechtes Gewissen wegen der niedrigen Gagen. Die Nebenkosten übersteigen die Gagen bis zum Extrem von 1:3. Dennoch ist der Schlachthof der billigste Konzertort in Bremen.

Und die Resonanz des Publikums?

1990 kamen 3.100 Leute zu den zehn Konzerten, in diesem Jahr werden es etwa 3.500 sein. Fragen: Rainer Köster

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