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Koksbarone fordern Haus der Demokratie

■ 1949 enteignetes Oberschlesisches Steinkohlesyndikat will Haus der Demokratie wiederhaben/ Gute Chancen dank Pieroths Vorstoß

Berlin. Die Bürgerbewegungen im Ostteil der Stadt müssen die Rückkehr der oberschlesischen Koksbarone fürchten. Diese waren bis 1949 Besitzer des heutigen Hauses der Demokratie (HdD) in der Friedrichstraße 165. Als Rechtsnachfolger und ehemaliger Hauptgesellschafter des 1968 aufgelösten Oberschlesischen Steinkohlesyndikates hat jetzt die Preussag AG aus Hannover einen Rückgabeanspruch auf das Haus erhoben, das seit zwei Jahren von den Bürgerbewegungen genutzt wird. Bereits vor einigen Monaten hatte beim Landesvermögensamt ein Valentin Graf Wallestrem auf seine Ansprüche verwiesen. Wallestrem war neben zahlreichen weiteren oberschlesischen Adligen und der Preussag ebenfalls Anteilseigner des Syndikats.

HdD-Mitarbeiter, denen jetzt der Restitutionsanspruch ins Haus flatterte, empfinden diese Absichten als »sehr skandalös«. Nach wie vor gebe es die Hoffnung, so Regina Zels von der HdD-Geschäftsführung, daß der mit der PDS bereits geschlossene Kaufvertrag für das Haus doch noch wirksam werden könnte. Alle bisherigen Eigentumsansprüche seien bereits »entkräftet« worden.

Im Gegensatz dazu hat der Antrag der oberschlesischen Koksbarone nach Ansicht von Eingeweihten gute Chancen auf Erfolg. Bislang galt zwar auch in Ost-Berlin die Bestimmung, wonach die 1945 bis 1949 unter sowjetischer Besatzungshoheit vollzogenen Enteignungen nicht rückgängig gemacht werden, sondern in Bundesbesitz verbleiben. In Ost-Berlin wurden über 1.000 Enteignungen sogenannter »Kriegsverbrecher und Naziaktivisten«, die unter sowjetischer Hoheit vorgenommen wurden, erst mit Magistratsverordnung vom 2. Dezember 1949 amtlich bekanntgemacht — knapp zwei Monate nach Ende der sowjetischen Besatzung. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) will deshalb, wie berichtet, die Enteignungen dieser sogenannten »Liste 3« rückgängig machen und Restitutionsansprüche von Alteigentümern genehmigen. Für diesen auch im Senat umstrittenen Plan des Finanzsenators fehlt zur Zeit nur noch das grüne Licht aus Bonn.

Der Fall des heutigen HdD, das 1949 ebenfalls auf »Liste 3« stand, dürfte die Diskussion um Pieroths Pläne neu beleben. Von einer Rückgabe der »Liste 3«-Grundstücke würde neben der Preussag eine ganze Reihe weiterer bedeutender Konzerne profitieren. Auf der Enteignungsliste vom 2. Dezember 1949, die der taz vorliegt, finden sich die IG Farben, AEG, Siemens, Wertheim und die Karstadt AG mit jeweils mehreren Grundstücken. Das Bekleidungshaus Leineweber könnte Grundstücke am Spittelmarkt zurückfordern, Peek & Cloppenburg hätte das Anrecht auf Immobilien in der Gertraudenstraße.

Auf »Liste 3« finden sich Kronprinz Wilhelm Prinz von Preußen und Auguste Viktoria von Hohenzollern mit dem Grundstück Unter den Linden 9-11 ebenso wie die Fromms-Act Gummiwerke in Friedrichshagen oder der Kleingärtnerverein Erholungsgärten Stralau e. V.. Offensichtlich seien »nicht in erster Linie Kriegsverbrecher oder Naziaktivisten« enteignet worden, argumentiert der Berliner Anwalt Jost von Trott zu Solz, der einige der Alteigentümer vertritt.

Pikanterweise hatte Pieroths eigene Partei die Enteignungen seinerzeit mit vorbereitet. Die Verordnung »zur Einziehung von Vermögenswerten von Kriegsverbrechern und Naziaktivisten« beschloß die noch ungeteilte Stadtverordnetenversammlung am 27. März 1947 mit den Stimmen der CDU. Die Westalliierten erhoben dann jedoch ihr Veto, nur im Ostsektor erlangte die Verordnung Gesetzeskraft. hmt

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