SPD-Frauen: „Sind nicht gefragt worden“

■ Bremer SPD-Frauen fühlen sich übergangen

Jede von ihnen hatte in der letzten Woche gehofft, vom Bürgermeister persönlich angerufen und gebeten zu werden, im neuen Senat mit am Tisch zu sitzen. Doch keine der fünf abwartenden SPD- Fraktions-Frauen hatte den erhofften Anruf bekommen. Stattdessen hatte der Bürgermeistereine in Bremen unbekannte Kasselanerin, Irmgard Gaertner, für das Sozial- und das Gesundheitsressort engagiert. Barbara Noack, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Ich hätte gerne die Ressorts Arbeit und Gesundheit gemacht. Aber von den fünf Frauen in der Fraktion, die für eine Reihe von Fragen kompetent wären, ist keine gefragt worden. Besonders skandalös ist, daß Tine Wischer, die auch von der Opposition als hochkompetent eingeschätzt wird, nicht selbstverständlich Senatorin geworden ist.“ Warum der Bürgermeister die Bremer SPD-Frauen übergangen hat, war gestern nicht von ihm zu erfahren. Barbara Noack mutmaßt über das Motiv, das den Bürgermeister davon abgehalten hat, eine Bremerin anzusprechen: „Bei allen fünf Frauen aus der Fraktion ist klar, daß sie im Senat nicht bequem sein würden.“

Elke Steinhöfel, in der SPD- Fraktion als konfrontative Sozial- und Frauenpolitikerin aktiv, ebenfalls zu den fünf „Nicht-Angerufenen“ gehörend, hatte mit dem Sozialressort geliebäugelt: „Ich kenne die sozialen Gegebenheiten in Bremen genau, ich war sieben Jahre stellvertretende Leiterin des Sozialamts und ein Jahr lang Leiterin. Aber der Präsident des Senats hat die Bremer Frauen für nicht qualifiziert gehalten.“ Die Beweggründe des Bürgermeisters könne sie sich „nicht erklären, außer daß der Bürgermeister sich ins Klassenbuch notiert hat 'Wischer: 5, Steinhöfel: 5, Noack: 5, Grotheer-Hünecke: 5, Kahrs: 5 und alle anderen Frauen in Bremen auch 5'.“

In der SPD-Fraktionssitzung am Montag hatten die aufgebrachten Parlamentarierinnen ihrem Ärger Luft gemacht. Ob sie mit ihrem Unmut die gesamte Senatsbildung ins Wanken bringen werden, mochten die Befragten gestern nicht prognostizieren. „Ich möchte nichts, was die Koalition gefährdet“, erklärte Barbara Noack. Ihre Fraktionskollegin Elke Steinhöfel ging einen Schritt weiter: „Ich überlege, ob ich auf dem Landesparteitag kandidiere.“

Für Elke Steinhöfel ist jedoch nicht allein der Bürgermeister der Buhmann, die Parteifrauen selbst hätten auch Fehler gemacht: „Die Männer haben Seilschaften und Bündnisse. Die Frauen nicht. Wenn wir fünf gebündelt aufgetreten wären und gemeinsam eine von uns nach vorne geschickt hätten, wäre man nicht so leicht daran vorbeigekommen.“

Nicht nur in der SPD-Fraktion, auch außerhalb der Fraktion hatten Genossinnen auf einen Anruf des Bürgermeisters gewartet. Am Sonntag etwa beklagten GenossInnen im Unterbezirks-Vorstand West der SPD, daß der Bürgermeister nicht ihrer Vorsitzenden, Dr. Dagmar Lill, ein Senatsamt angetragen hatte. Dagmar Lills jetziger Posten als Ausländerbeauftragte könnte unter einer Grünen Senatorin Trüpel abgeschafft werden.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) meldete sich zu Wort und erinnerte daran, daß schon bei der Senatsbildung vor vier Jahren von übergangenen Bremer Frauen die gleiche Kritik am Bürgermeister geübt worden war. Damals hatte Wedemeier die Hessin Vera Rüdiger als Senatorin „importiert“. Ausgerechnet diese auswärtige Politikerin hatte sich als fähigste Frau im Senat erwiesen. B.D.