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Hauptstadt-Streit: Radunski macht Radau

■ Der Senator für Bundesangelegenheiten, Radunski (CDU), will alle Bundesministerien in Berlin haben

Berlin/Bonn. Der Senat hält gut eine Woche vor der Entscheidung der Bundesregierung über Einzelheiten des Umzugs weiter daran fest, daß es nur einen Regierungssitz in Deutschland geben könne. Wie Bundessenator Peter Radunski (CDU) gestern sagte, müßten die Kabinettssitzungen in Berlin stattfinden und alle Minister ihren Dienstsitz an der Spree haben. Schließlich gebe es »nur eine Hauptstadt«. Außerdem entspreche es der »Kontrollfunktion des Parlaments, daß alle Minister in Berlin zur Verfügung stehen«.

Die Bundesregierung will am 11. Dezember eine Entscheidung darüber treffen, welche Regierungsfunktionen in Form von Ministerien umziehen sollen und welche nicht. Im Bundestagsbeschluß vom 20. Juni diesen Jahres war ein Wechsel der »Kernbereiche« vorgesehen, um so die Arbeitsfähigkeit der Regierung sicherzustellen. Verwaltungsaufgaben sollten weiterhin in Bonn wahrgenommen werden.

Der Senat sei bereit, im Rahmen der Föderalismuskommission über den Umzug von derzeit in Berlin ansässigen Bundesinstitutionen nach Bonn oder in die neuen Bundesländer zu verhandeln. An die Adresse Bonns ging die Bitte, keine Festlegungen über den Abzug von Bundesbehörden aus Berlin zu treffen, bevor die Föderalismuskommission ihre Vorschläge Mitte nächsten Jahres vorgelegt hat. Radunski betonte erneut, daß ein Wechsel von Institutionen nicht nur als Kompensation für Bonn, sondern vor allem auch den neuen Bundesländern dienen müsse.

Den Bundestag forderte der Berliner Senat auf, daß er die Arbeitsfähigkeit, wie im Beschluß vom 20. Juni vorgesehen, in Berlin durch zügige Maßnahmen herstelle. Aus Berliner Sicht sei ein Umbau zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments »in vier Jahren möglich«, sagte Radunski. So könne der Plenarsaal im Reichstagsgebäude nach Senatsvorstellungen durchaus in dreieinhalb Jahren umgebaut werden. Berlin wolle »eine einfache, dauerhafte Lösung«. Luxuriöse Umbauten wie beispielsweise die Errichtung einer Glaskuppel über dem Plenarsaal gehörten nicht dazu. Auch Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) hatte gestern betont, daß der Reichstag in der Hälfte der von den Bonnern berechneten Zeit und zum halben Preis umgebaut werden könne. Danach sind für den Umbau dreieinhalb Jahre und Kosten von 72 Millionen Mark erforderlich. Die Bonner hatten 127 Millionen angegeben.

Um das Tempo des Umzugs zu verschärfen, forderte Radunski »ein Gesamtmanagement« der Liegenschaften und Gebäude zwischen Bund und Land in Berlin. Nur so könne beispielsweise durch Tausch von Gebäuden eine schnelle Arbeitsfähigkeit hergestellt werden. Der Umzug selbst müsse von einem fremden Unternehmen außerhalb der Bonner Bürokratie organisiert werden. Nur auf diese Weise gebe es die Gewähr, »daß das Tempo eingehalten wird«, sagte Bundessenator Radunski. dpa

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