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Der Metzger fraß den Dreck nicht

■ Für die DEG war das 2:2 bei den Berliner Preussen so wichtig, wie wenn in Bangkok ein Sack Reis umfällt

Berlin (taz) — Für Hans Zach, den Tölzer Metzgermeister emeritus, war die Sau schnell geschlachtet. „Das 2:2 geht in Ordnung“, brummelte der Düsseldorfer Diplomtrainer, „und bringt für beide Mannschaften einen Punkt.“ Nahm den seinen, schnappte Metzgerin und Mantel und entschwand im Schweinsgalopp.

Was hätte er auch groß erzählen sollen? Wie spannend und hochklassig das Spiel war, wie heiß der durch die ausverkaufte Halle zusätzlich angespornte Gegner? Für die DEG ist das doch business as usual. Überall wo die Düsseldorfer Meistertruppe aufkreuzt, ist die Hütte voll, sind die Fans besonders zahlreich und laut, laufen die Einheimischen besonders emsig. So halt auch am Freitag abend in der Berliner Eissporthalle, wo es deutsches Eishockey der gehobenen Klasse zu sehen gab: hohes Tempo, wenig Unterbrechungen, Schüsse, Kombinationen und Soli am laufenden Band und fast keine (für jedes Team nur drei) Strafzeiten. Tore fielen nur deshalb so wenige, weil die Goalies Merk (Preußen) und de Raaf bis auf je eine Ausnahme hielten, was sie versprachen.

„Wer das gesehen hat“, jubelte hernach der minnesotische Preussen-Coach Craig Sarner, „der würde gerne 22mal dieses Spiel sehen!“ Deshalb 22mal, weil die sogenannte Doppelrunde genau so viele Heimspiele hat, meinte Sarner, und sagte damit auch unbeabsichtigt viel oder alles über den sportlichen Wert dieses Mammuts. Den hat man nämlich erst zu einer guten Hälfte absolviert, und doch sind die meisten Entscheidungen bereits gefallen. Die Play-off- Plätze sind bis auf einen so gut wie vergeben, und die ersten vier, die den einfachen, und die ersten zwei, die den doppelten Heimvorteil einbringen, gegebenenfalls, auch. Und doch wird noch bis Ende Januar so getan, als hinge Geld oder Leben an den Spielen.

Ersteres trifft zu, und da verkauft der Berliner Stadionsprecher der Klientel auch schon mal die Rosenheimer als direkten Konkurrenten, obwohl die längst entfleucht sind, und die Leute strömen in Scharen, während die einstige Sünde Hertha dem Freier schon lange keine Versuchung mehr ist.

Vielleicht mag es daran liegen, daß die Eishockeyshow einfach totaler ist, wenn die Todgeweihten im Spotlight grüßen, und dann perfekt, wenn die, deren Dress man trägt, auch noch gewinnen. Heimtore inszeniert man wie den Reichsparteitag, und Einseitigkeit wird den Fans eingebleut wie der Bodycheck den Spielern. „Sau, schwule Sau, Arschloch, Wichser“, jubeln die, wenn ein Nicht-Preusse aufs Sünderbänkchen muß, und meinen es selbstredend nicht böse. Es ist halt genau das Niveau, mit dem man auch im Preussen-Magazin eine gewisse „Denise (20)“ abbildet, die, so erfährt man begleitend, „seit einigen Wochen mittrainiert“, laut Kapitän Axel Kammerer „ein Hammer“ sein soll, und das vor allem, wenn „der neue Preussenstar seine sieben Kilo schwere Eishockeymontur“ ablegt, zu der neben Trikot und Schienbeinschoner selbstredend auch „Strapse“ gehören.

„Ich fresse Dreck um zu gewinnen“, hat Hans Zach von sich behauptet, doch jenes Blättchen bläterte er nur kurz durch und legte es dann weg. In den nächsten Monaten kann er auch noch getrost die eine oder andere Wurst verspeisen, denn bis es um die geht, wird es März und dazwischen liegt Olympia.

Und dann hat er schließlich Gerd Trunschka. Wenn Deutschlands bester Zweikufer nebst seinen Adjutanten Hegen und Doucet die Scheibe kreiseln ließ, hatten die Preussen Mühe, den schwarzen Teufel überhaupt im Auge zu behalten, und bei Lee-Valentine- Brockmann wars kaum anders.

Auch wenn Axel Kammerer also weiterhin glaubt: „Unser Ziel ist es, Meister zu werden“, und sich Hans Zach alle Mühe machte, das Remis als Punktgewinn zu verkaufen: Wenn die DEG in den Play- offs (in Berlin) gewinnen muß, dann wird sie solche Spiele gewinnen. Wenn die Berliner gewinnen müssen, werden sie, wie im letzten Halbfinale gegen Köln, verlieren. Egal, ob „Denise (20)“ dann mit oder ohne Strapse aufläuft. Peter Unfried

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