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Neulich...

■ ...im Taxi verschauckelt

Nach einem ganz normalen Tag der Arbeit — der Computer war, wie immer überraschend, abgestürzt —, nach so einem Tag auf in den Intercity, die rollende Jugendherberge. Adieu, du Bremen im letzten Tageslicht! Und schon erreichen wir Hamburgs Bahnhof, vorbei an Besoffenen, Bepißten und teuer Parfümierten, die eilig an denen vorbeirennen, die am Rande vermodern. Jeder verarmt auf seine Art. Ab durch den Trubel und runter in die Bahn, auf zum Schlump. Und nun? Kein Bus, kein Taxi. Es regnet.

Süßes Hamburg: Naß-kalt finstere Straßenkreuzung. Der schwarze Himmel schickt ein Taxi: „'n Abend, Parkallee 24, bitte“, sag ich noch und steige ein. Nach vorn, neben den dünnen Mann in der speckigen schwarzen Lederjacke, der verschlagen lächelnd seinen Fahrerdienst versieht. „Wird sofort erledigt“, seine Antwort. Hinterm Scheibenwischer nasse dunkle Aussicht, Tröpfchen-Kaleidoskop, wischwasch, man schweigt.

Um ein bißchen Ortskenntnis vorzutäuschen und überflüssige Blockumfahrten nach Möglichkeit zu vermeiden, entlasse ich ein Sätzchen in die dieselnde Stille: „Parkallee ist doch bei den Grindelhochhäusern, oder?“ - „Keine Ahnung, wo die sein soll“. - „Dann fahren Sie mich wenigstens auf dem kürzesten Weg dorthin“.

Wir fahren und fahren und mein Kopf wälzt schlechte Scherze. Der Diesel hält an einer roten Ampel. Weil ich's eilig habe, spiele ich lautlos Schimpfwörter durch.

Weiterfahren. Also gut, denke ich mir: Mädchen, der Mann meint ja, Du hättest kein Vertrauen in seine Ortskenntnis und die Integrität seines Stands. Schweigend rollen wir dahin, scheinbar irr. Hat der Mann was Böses vor? Er biegt in die Brahmsallee, hält vor Nummer 24 und meldet mit Diensteifer: „Da wären wir.“ „Ich sagte: Parkallee.“ „Ooch, ist die das hier nicht? Na, denn aber gleich um die Ecke.“ Die Ruhe hat der Mann ja weg. „Sie können jetzt den Taxameter abstellen, wenn Sie nicht mal wissen, wo's längs geht.“ Er schiebt sich die schwarze Ledermütze aus der Stirn: „Den hab' ich sowieso nicht an.“ Zwei Ecken weiter ist die richtige Adresse, geschafft. „Na wunderbar! Was macht's denn?“

„Goanix“, sagt der Fahrer mit dem dem linkischen Schalk im Nacken und grinst. Ob ich aber das gesparte Geld für die nächste Fahrt zurücklegen werde? Dann nur noch im Fond. Julia Kossmann

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