: Die 'Ypsilon‘ hat sieben Leben
■ Trotz permanenter Finanzkrise sind schon zehn Ausgaben der Ost-Frauenzeitschrift 'Ypsilon‘ erschienen/ Eine durch Spenden finanzierte Notausgabe liegt Ende der Woche wieder am Kiosk
Berlin. Darüber, daß die Ostfrauen die Verliererinnen der Wende sind, wird sich heute niemand mehr streiten. Ob sie ihre Frauenzeitschrift 'Ypsilon‘ verlieren werden, hat sich allerdings noch nicht entschieden.
Mit dem »Aufbruch der Frauen« in der Wende ist die überregionale, unabhängige Frauenzeitschrift 'Ypsilon‘ entstanden — ein Medium für Frauen, die nicht, wie von 'Brigitte‘ und 'Petra‘ angeraten, die »Metamorphose zur gepflegten Hausfrau« vollziehen wollten. Doch Ende Oktober schien es, als wolle das Zeitungssterben auch vor 'Ypsilon‘ nicht haltmachen. Die Zeitschrift mußte ihr Erscheinen einstellen. Gerade totgesagt, erwacht sie nun schon wieder zum Leben: Eine 'Ypsilon‘- Notnummer ist ab Freitag am Kiosk zu kaufen. 'Ypsilon‘ war bis Oktober vom Ostberliner BasisDruck-Verlag finanziert worden. Was als Anschubfinanzierung gedacht war, führte jedoch nicht dazu, daß sich die Zeitschrift selber tragen konnte: Es fehlte an Geld für Vertrieb und Werbung. Trotz permanenter Finanzkrise sind inzwischen zehn Hefte mit Themenschwerpunkten wie »Arbeitslosigkeit«, »Mädchen« und »Ost-West- Erfahrungen« erschienen.
Von ihrem inhaltlichen Konzept sind die 'Ypsilon‘-Frauen noch immer überzeugt: den literarischen, journalistischen und gestalterischen Elementen ihre jeweilige Eigenständigkeit zu lassen. Diese Mischung mache die Zeitschrift besonders auch für Westfrauen interessant.
Als alle Geldquellen versiegten, dachten sie nicht ans Aufgeben: Sie gründeten einen Verein als neue Trägerin und suchten SponsorInnen. Millionärinnen fanden sich keine, aber eine Spende des Unabhängigen Frauenverbandes ermöglichte jetzt den Druck der Notnummer.
Das weihnachtliche Thema des Heftes ist »Gewalt und Frauen« — Alltägliche Gewalt in Leipzig, Selbstschutz der »Amazonen« in Londons U-Bahnen, Gewalt gegen Lesben und Schwule. Diese Notnummer — in verringerter Auflage und Druckqualität — soll nicht die letzte sein. »Wir wollen und wir werden weitermachen«, erklärt die Redaktion. Um das Wie zu klären, wird die Zeitschrift voraussichtlich in den nächsten zwei Monaten nicht erscheinen können. Die Macherinnen wollen indes »an einer neuen Struktur basteln und nach Goldadern suchen« und bitten um die Geduld und Unterstützung ihrer Leserinnen D.M.
Mit dem »Berliner Frauenpreis« der Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) in Höhe von jeweils 2.000 Mark werden am Donnerstag die Redaktion der 'Ypsilon‘ und die Selbsthilfegruppe »Frauenfrühstück Friedrichshagen« ausgezeichnet. Den zweiten Preis (1.000 Mark) erhalten zwei RedakteurInnen von Antenne Brandenburg. Beginn: 19 Uhr Frauengalerie, Clara-Zetkin-Straße 90, Berlin-Mitte.
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