: Wie soll diese Rechnung aufgehen?
■ betr.: "Die Mission gegen die Armen" von Susanne Heim, taz vom 2.12.91
betr.: „Die Mission gegen die Armen“ von Susanne Heim,
taz vom 2.12.91
Wer für die Beseitigung der Armut eintritt — was unerläßlich und anerkennenswert ist —, gleichzeitig aber für die uneingeschränkte Vermehrung der Menschheit plädiert, weil Bevölkerungspolitik angeblich gegen die Armen gerichtet ist, der muß erst einmal erklären, wie diese Rechnung aufgehen soll. Schon jetzt stellt der Mensch den größten Teil der tierischen Biomasse auf dem terrestischen Teil der Erde, und zwar zu Lasten aller übrigen Arten, die Stück für Stück ausgerottet werden. Und wir wissen, daß eine freiwillige Vermehrungsbeschränkung erst unter den Dichtebedingungen und dem Lebens- und Bildungsstandard der westlichen Industrienationen eintritt. Und welche Verwüstungen der Preis waren. Soll das in den südlichen Ländern fortgesetzt werden? [...] Was suchen die Menschen noch auf einer Erde, in der es keinen Fisch mehr im Wasser, keinen Vogel in der Luft und nicht mal einen Grashalm auf dem Boden geben wird, der sich noch zertrampeln ließe? Unter diesen Bedingungen die Aufklärung über die Gefahren der Überbevölkerung und auch die Arbeit des „Population Institut Washington“ als „Mission gegen die Armen“ zu diffamieren, ist ein recht übler Angriff auf jedes ökologische Verantwortungsbewußtsein. [...] Daten und Fakten sind längst abgesichert und sprechen eine eindeutige Sprache: Das zentrale ökologische Problem, ohne dessen Lösung kein anderes zu lösen ist, ist die Überbevölkerung der Erde. [...]
Es fragt sich also, wofür sie eigentlich plädiert. Vielleicht für das uneingeschränkte Recht mit der Wucht der Gebärmutter den Globus zu sprengen? Oder gar für das Lebensrecht des ungezeugten Lebens? Darüber würde sich sicher Herr Dyba aus Fulda sehr freuen, käme dieses merkwürdige Postulat nicht aus einer Ecke, aus der heraus sonst stets der weibliche Liquidierungsvorbehalt gegenüber dem gezeugten menschlichen Leben geltend gemacht wird. Natürlich hat diese Erde Platz für unendlich viele Menschen. Aber bitte in vernünftigen, ökologisch vertretbaren Quoten hintereinander und nicht alle zur gleichen Zeit. Und die Armut in der Welt kann auf manche Art bekämpft werden. Aber bestimmt nicht durch die Vermehrung der Armen. Hermann Meer, Kamp-Lintfort
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