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Europa heizt das Klima weiter an

■ Umwelt- und Energieminister vertagen in Brüssel die Einführung einer Energiesteuer zur Eindämmung der CO2-Emmission/ Bundesumweltminister Töpfer kuscht und verzichtet auf deutschen Alleingang

Berlin (taz) — Die Bundesregierung ist in Brüssel gestern mit ihrem Vorhaben gescheitert, auf gesamteuropäischer Ebene schnell eine Klimasteuer durchzusetzen. Die Ernergie- und Umweltminister der EG beschlossen dagegen in Brüssel, die EG-Kommission mit der Formulierung konkreter Richtlinienvorschläge zu beauftragen. Die Abschiebung in die Kommission machte deutlich, daß etliche Mitgliedsländer eine „Klimasteuer“ entweder glatt ablehnen oder eine Entscheidung darüber für verfrüht halten.

Besonders bitter ist dieses Scheitern für Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU). Der Minister hatte erst in den vergangenen Tagen seinen Versuch aufgeben müssen, eine Klimaabgabe notfalls als Alleingang der Bundesregierung einzuführen. War Töpfer im Kabinett am Wirtschaftminister Jürgen Möllemann (FDP) gescheitert, so nützte ihm in Brüssel auch die vehemente Unterstützung des Kabinettskollegen Möllemann nichts. Selbst Töpfers Vorschlag einer Kompensationsmöglichkeit, wonach jemand, der in der Bundesrepublik oder einem anderen Land den CO2-Ausstoß vermindert, von der geplanten Steuer oder Abgabe bis zu 100 Prozent befreit werden kann, fand bei den Steuergegnern in Großbritannien und Spanien keine Gnade.

Damit ist die europäische Energiesteuer zwar noch nicht vom Tisch, ihre Einführung verschiebt sich aber zeitlich soweit nach hinten, daß sie als Argument, um auch Amerikaner und Drittweltländer zu Anstrengungen in der Klimapolitik zu bewegen, quasi wertlos geworden ist. Schon im Oktober 1990 hatten sich die EG-Energie und -Umweltminister auf ein Minimalziel der Klimapolitik verständigt. Danach sollen die CO2-Emmissionen der EG im Jahr 2000 nicht höher liegen als 1990 und danach sinken. In den vergangenen fünf Jahren waren sie deutlich gestiegen. Die Bundesregierung beschloß wenig später eine Verminderung der deutschen CO2-Emmission um mindestens ein Viertel bis 2005.

Die EG-Kommission bastelte in den folgenden Monaten an einem Vorschlag für die Umsetzung dieses Ziels und veröffentlichte schließlich im Oktober 91 ihre Ergebnisse. Kernpunkt der europäischen Klimapolitik sollte danach die jetzt in Brüssel abgelehnte Energiesteuer sein. Die moderate Steuer sollte ursprünglich ab 1. Januar 1993 pro Tonne CO2 zehn Mark betragen und sich bis zum Jahr 2000 auf auf 37 Mark steigern.

Bei einem jetzt gesamtdeutschen CO2-Jahresausstoß von knapp unter einer Milliarde Tonnen und einem Anteil der Stromerzeugung von etwa einem Drittel, wären allein die deutschen Stromkonzerne 1993 mit etwa 3,3 Milliarden Mark dabeigewesen. EG-weit würde die Steuer im Jahr 2000 rund 100 Milliarden Mark im Jahr erbringen. Die betroffenen Stromkonzerne heulten denn auch auf. Klaus Knizia, Chef des VEW- Stromkonzerns, schimpft über den „blinden Aktivismus einer Superbehörde“ und sein Kollege Franz Josef Schmitt vom RWE schalt die Energiesteuer eine „verhängnisvolle Strafsteuer“ und drohte mit der Schließung ostdeutscher Braunkohlekraftwerke.

Folgerichtig machten auch die Energieminister bei ihrem Treffen Ende Oktober Bedenken gegen die Energiesteuer geltend. Die Franzosen wollten ihre AKWs von der Steuer ausgenommen haben, für die Engländer sollte sie viel niedriger sein, und die Spanier schließlich lehnten sie von vornherein gänzlich ab. Frozzelte Gudrun Lammers von Greenpeace: „Es gibt kaum eine Nation, die nix zu meckern hatte.“

Umweltverbände, wie der Deutschen Naturschutzring (DNR) hatten die EG-Vorstellungen dagegen als zu kleinen Schritt in die richtige Richtung unterstützt. Schließlich sah der Vorschlag der EG-Kommission auch eine Steuerbefreiung für erneuerbare Energien und zumindest eine geringfügige Besteuerung der Atomkraft vor, während Töpfers Konzept einer Energieabgabe die Atomlobby gänzlich ungeschoren ließe. Auch das von der Kommission vorgeschlagene Verfahren des least-cost-planning im Kraftwerksbau und die Tempolimitforderung kamen den Ökologen entgegen. „Least-cost-Planning“ heißt, daß vor dem Bau neuer Kraftwerke zunächst geprüft werden muß, ob es nicht billiger ist, Strom zu sparen. Große Bauchschmerzen hatten Ökologen und grüne Umweltpolitiker wie die Europa-Abgeordnete Hiltrud Breyer allerdings mit dem Ausnahmewesen der Kommission. Die EG-Kommission hatte vorgeschlagen, gerade die energieintensiven Industrien wie Stahl, Chemie, Zement, Glas und Papier von den Steuern zu befreien. Außerdem ist ihnen die Steuer insgesamt viel zu niedrig. Breyer forderte, schon 1993 mit einem Steuersatz von über 50 Mark pro Tonne CO2 zu erheben.

Völlig unklar ist nach der Pleite von Brüssel, wie die Bundesregierung ihr gesetzes Ziel einer CO2 Einsparung von 25 Prozent bis 2005 nun erreichen will. Die Kommission geht zum Beispiel davon aus, daß die Steuer mindestens die halbe Miete für die Erreichung der mageren CO2- Ziele der EG ausmacht. Das Geld für Subventionen und Steuervorteile für erneuerbare Energiequellen sollte aus dieser Steuer kommen.

Umweltminister Töpfer muß also vorläufig allein mit neuen Vorschriften auskommen. In den kommenden Jahren sollen das neue Energiewirtschaftsgesetz, eine strengere Wärmeschutz- und eine schärfere Heizanlagenverordnung erreicht werden. Für Autos mit größerem Hubraum und damit auch größerem Kraftstoffverbrauch werde es eine deutliche Anhebung der Steuer geben, für kleinere Fahrzeuge eine Entlastung. Für die Bürger habe dies „sehr bedeutsame Konsequenzen“. Ein besserer Klimaschutz sei „nicht zum Nulltarif zu haben“. ten

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