Harte Zeiten für „fumatori“

Berlin (taz) — Italiens Finanzminister landete einen Überraschungscoup: Marlboro, Muratti und Merit werden für drei Monate aus dem Verkehr gezogen.

Rino Formica nahm kein Blatt vor den Mund. „Philip Morris muß endlich aufhören zu glauben, dies sei ein Land von Einfaltspinseln!“, wetterte Italiens Finanzminister und verbot am Wochenende per Dekret, bis zum 14. Januar Zigaretten der Marken Marlboro, Muratti und Merit, die alle drei dem amerikanischen Konzern gehören, zu verkaufen. Anlaß für die ungewöhnliche Maßnahme war die Beschlagnahmung von acht Tonnen geschmuggelter Fluppen im Hafen von Ravenna Ende November. Formica wandte damit zum erstenmal ein erst am 31. Oktober dieses Jahres beschlossenes Gesetz an, das ein Verkaufsverbot für Zigarettenmarken vorsieht, wenn über fünf Tonnen derselben Marke von Zollfahndern geschnappt werden. Ein Verschulden des Herstellers muß nicht nachgewiesen werden.

Schon im Oktober hatte Innenminister Scotti gewarnt: „Der illegale Markt hat eindeutige Bezugsquellen.“ Da geschehe nichts „ohne die aktive Zustimmung der multinationalen Konzerne“. Und er fügte prophetisch hinzu: „Philip Morris tut gut daran zu wissen, daß sie nicht zu weit gehen darf, sonst wird sie hier keine Zigaretten mehr verkaufen.“

„Niemand hat sich die Mühe gemacht, uns zu warnen“, klagen die italienischen Vertreter des US-Konzerns, „künftig wird es genügen, daß jemand — ein anonymer Bürger oder eine konkurrierende Firma — fünf Tonnen Zigaretten finden lassen kann, um Sanktionen auszulösen.“

Was Philip Morris ärgern mag, freut manch kleinen Schmuggler. Denn jetzt läßt sich die Packung Marlboro — im übrigen die meistgerauchte Marke in Italien — auf dem Schwarzmarkt zum Ladenpreis verkaufen: für 3.000 Lire (2,80 DM) statt wie bisher für 2.000. Dem Fiskus gehen über die „Contrabbanda“ von Zigaretten jährlich 900 Milliarden Lire (über 1,3 Milliarden Mark) an Mehrwert- und Tabaksteuer verloren. Doch der Kleinschmuggel, mit dem in Italien Hunderttausende Personen ihren Lebensunterhalt bestreiten, wird toleriert. Mitunter, wenn die Zollkontrollen zu scharf werden, kommt es in Städten wie Neapel sogar zu Proteststreiks der „Contrabbandieri“. thos