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Tag des Entwicklungshelfers

■ betr.: "Wir müssen uns auf wenige Entwicklungsländer beschränken", "Vom Helfen, Geben, Nehmen und Verantworten", taz vom 5.12.91

betr.: „Wir müssen uns auf wenige Entwicklungsländer beschränken“ (Interview mit Rupert Neudeck), „Vom Helfen, Geben, Nehmen und Verantworten“ von Claudia von Braunmühl,

taz vom 5.12.91

Der Argumentation von Claudia von Braunmühl, sie ist Mitglied unserer Vereinigung, kann ich mich anschließen. Die Anmerkungen von Rupert Neudeck erscheinen mir dagegen wenig durchdacht.

Er bezeichnet den neuen Kriterienkatalog des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit als etwas Radikales. So müssen die „Empfängerländer“ bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Was an der fortgesetzten Bevormundung des Südens durch die Bundesrepublik radikal ist, kann ich nicht erkennen. Radikal wäre es, endlich eine gerechte Weltwirtschaftsordnung durchzusetzen, den Protektionismus zu beenden, Produkten aus den Ländern der Zwei-Drittel-Welt Zugang zu unseren Märkten zu öffnen, faire Rohstoffpreise zu ermöglichen, den Süden als gleichberechtigten Partner und nicht als Almosenempfänger zu behandeln. Eine gerechte Weltwirtschaftsordnung ist ohne jeden Zweifel die beste Form der Entwicklungshilfe. Die Schulden der Länder der Zwei-Drittel-Welt müssen selbstverständlich sofort erlassen werden. Veränderungen muß es hier geben. VEHEMENT, die Vereinigung ehemaliger Entwicklungshelfer, sieht daher die BRD als ihr Entwicklungsland an.

Rupert Neudeck will sich auf die „schwerpunktmäßige Nutzung der bescheidenen Mittel besinnen“. Wie genügsam, wie wenig radikal! Wir wollen die Aufstockung der bescheidenen Mittel. Dann könnten Fluchtursachen nicht nur „angekratzt“ werden. Im Zusammengehen mit einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung könnte dann endlich eine wirklich sinnvolle Entwicklungszusammenarbeit stattfinden. Und dies nicht nur mit einigen Ländern. Herr Neudeck sucht seine Empfängerländer nach seinem Geschmack aus. Weil Vietnamesen in der BRD und der Ex- DDR leben und es in Vietnam ein „Riesenpotential an Menschen“ (Sprache kann entlarvend sein, Herr Neudeck) gibt, die sich „auf den Weg ins Ausland machen“, müsse die Entwicklungshilfe für Vietnam aufgestockt werden. Entwicklungshilfe nur, um zu verhindern, daß die Menschen zu uns kommen? Auch den Äthiopiern und Eritreern sollten wir nicht nur die „Fahrt“ in die Heimat und ein „kurzes Berufsausbildungsprogramm bezahlen“. Sie sollten als Fachkräfte in den Entwicklungsdienst aufgenommen werden. Personelle Entwicklungsarbeit darf nicht dazu führen, daß Fachkräfte aus dem Süden arbeitslos oder nur unzureichend eingesetzt werden, weil die Menschen aus dem Norden für die Entwicklungsländer billiger sind. Denn die Entwicklungshelfer werden von den Entsendeorganisationen finanziert. Ziel muß es sein, einheimische Fachkräfte in den Entwicklungsdienst zu übernehmen. Und Fachkräfte gibt es in den Ländern des Südens genug. Es mangelt „lediglich“ an den finanziellen Mitteln. [...] Jörg Brandes, VEHEMENT e.V., Köln

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