DT 64 will weiter auf den Wellen reiten

■ Die Belegschaft des Jugendradios wendet sich gegen eine »Parklösung« ohne Perspektive/ Fans wollen Verfassungsbeschwerde einlegen

Treptow. Die Belegschaft von DT 64 ist unzufrieden mit der vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) angebotenen »Parklösung«. Für die Macher des Jugendprogramms ist es zwar verlockend, bis Mitte 1992 auf den bisherigen Frequenzen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen unter öffentlich-rechtlicher Obhut weiterzusenden. Doch auf das Angebot von MDR-Intendant Reiter könne man sich nur einlassen, wenn die Parklösung auch auf andere Sendeanstalten in den fünf neuen Bundesländern und Berlin ausgeweitet wird und außerdem über den 30. Juli 1992 hinaus »Perspektiven für einen weiteren Sendebetrieb eines überregionalen Jugendradios, wie es DT 64 ist, bestehen«.

Gefordert sei nun das SPD-geführte Land Brandenburg. Dort hatten sich die Politiker im Landtag mit großer Mehrheit für den Erhalt von DT 64 ausgesprochen. Auch in der vorigen Woche bei der jugendpolitischen Debatte im Bundestag, hatten sich die Sozis für den Erhalt von DT 64 weit aus dem Fenster gelehnt. Im Rundfunkrat des Ostdeutschen Rundfunks (ODR) sind jedoch mit einer einzigen Jastimme und fünfzehn Enthaltungen die Würfel gegen DT 64 unter dem Dach des ODR gefallen. Der ODR hat bereits die vier Frequenzen von DT 64 in Brandenburg vereinnahmt, um möglicherweise dort ein Jugendprogramm auszustrahlen. Die lukrative, weil starke Berliner Frequenz (102,6 MHz) wurde nach Auskunft des Kabelrates noch nicht ausgeschrieben. Daß DT 64 auf dieser Welle weitersendet, dagegen habe man nichts einzuwenden, aber der SFB oder der ODR müßten die presserechtliche Hoheit übernehmen.

Die MDR-Offerte könne sich, meint DT64-Chefredakteur Michael Schiewack, letztlich als »riesengroßer Bluff« erweisen. Nachdem die Politiker die Fans enttäuscht hätten, würden sie diese jetzt auch noch verhöhnen. »Wir haben genug Power für unser Programm«, sucht Schiewack den Verdacht zu zerstreuen, daß sich viele Redakteure ohnehin schon andere Jobs gesucht haben. Die Mitarbeiter wehren sich dagegen, daß die Politiker ihnen den Schwarzen Peter zuschieben wollen. Dabei scheint selbst das MDR-Angebot medienrechtlich nicht wasserdicht, weil es ohne die in Aufbau befindliche sächsische Landesmedienanstalt zustande kam. Die Medienanstalten in Thüringen und Sachsen- Anhalt signalisierten derweil wenig Sympathien für DT 64.

Vom Kopf her, beschreibt eine Moderatorin die persönliche Zerreißprobe, würden viele im Sender begreifen, daß das MDR-Angebot kein fairer Kompromiß sei. Dem Gefühl nach aber würde auch sie selbst sich für ein Festhalten an »ihrem« Sender entscheiden.

Als Verbeugung vor den Fans wird DT 64 am kommenden Freitag das Mikro aus der Hand geben. Künstler und Politiker werden sich mit eigenen Reportagen und Moderationen präsentieren. Günter Gaus beispielsweise wird die Wasserstandsmeldungen aus Hamburg durchgeben.

Auch die Unterstützerkreise wollen den Kampf um DT 64 nicht aufgeben und morgen in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einreichen. ig