„Weißes Geld“ für Lettland?

Berlin (taz) — In Lettland verdichten sich die Anzeichen dafür, daß mit der Einführung des sogenannten „weißen Geldes“ ein erster Schritt in die monetäre Unabhängigkeit unmittelbar bevorsteht. Als möglicher Stichtag kommt dafür der 7.Januar in Frage, an diesem Tag werden die Bankschalter nach der Weihnachtspause wieder geöffnet. „Weißes Geld“ ist eine Art universell verwendbarer Bezugsschein, der die ständigen Einwohner des Landes zum Kauf von Konsumgütern berechtigt.

Mit dieser Maßnahme soll zum einen der bislang ungebremste Zufluß der inflationsgebeutelten Sowjetwährung unterbunden werden. Zum anderen will man die kaum kontrollierbare Ausfuhr von Waren in die neue GUS verhindern.

Sollte erwartungsgemäß am 7.Januar in Lettland das „weiße Geld“ eingeführt werden, so wäre dies bereits der zweite einschneidende Schritt zur Eindämmung „schwarzer Exporte“. Ende Oktober hatte die Regierung in Riga nämlich für Privatpersonen ein vorläufiges Ausreiseverbot nach Polen verhängt. Sie reagierte damit auf die Trecks von geschäftstüchtigen Einwohnern der Baltenrepublik, die in Polen gegen heißbegehrte Devisen alles angeboten hatten, was sich im Gepäck mitnehmen ließ: von elektrischen Kleingeräten bis hin zu Laubrechen. Der Ansturm der Kleinhändler auf den gemeinsamen litauisch-polnisch- sowjetischen Grenzübergang bei Lazdiai hatte zu Wartezeiten von fünf Tagen und mehr unter katastrophalen hygienischen Bedingungen geführt. Dies widerum war die Grundlage für einen schwunghaften Handel mit Plätzen in der Warteschlange und einem schlechterdings unüberwindbaren System von Beamtenbestechung. rob.