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Warten auf den Waffenstillstand

Selbst UNO-Unterhändler Cyrus Vance ist unsicher über Erfolg des Abkommens/ Serben propagieren ein großserbisches Jugoslawien, das den Albanern keine Sonderrechte zu gewähren braucht  ■ Von Erich Rathfelder

Gestern um 18.00Uhr sollten die Waffen in Kroatien schweigen. Bis zu diesem Zeitpunkt versuchte die jugoslawische Armee ihre Position militärisch noch zu verbessern. Das gesamte Stadtgebiet von Osijek geriet unter das Feuer der Artillerie und in einer Zangenbewegung versuchten Armeeinheiten, die Stadt einzuschließen. Bombardiert wurde auch die 100 km östlich von Zagreb gelegene Stadt Durovar, in acht kroatischen Städten heulten die Luftsirenen. Und so ist es kein Wunder, daß die kroatische Bevölkerung skeptisch gegenüber dem am Donnerstag geschlossenen 15. Waffenstillstandsabkommen zeigte. Und selbst UNO-Vermittler Vance erklärte kurz vor seinem Abflug nach New York, es liege „jetzt in der Hand der Völker Jugoslawiens, die Bereitschaft und den Willen zur Einstellung der Feindseligkeiten zu entwickeln.“ Schon gestern kündigten einzelne Führer extremistischer serbischer Freiwilligenverbände an, die Waffenruhe könne für sie nicht gelten, da sie „einzig den Kroaten zum Vorteil gereiche.“

Es ist also höchst fragil, was UNO-Vermittler Cyrus Vance, von dem manche sagen, er habe immer noch nicht die höchst komplizierten ethnischen und politischen Interessenlagen des Balkan begriffen, ausgehandelt hat. Doch dieser pessimistischen Sichtweise stehen auch ernsthafte Überlegungen gegenüber, die von einer Interessenslage aller Seiten ausgehen, den Krieg zu beenden. Schon im Juli letzten Jahres, kurz nach Beginn des serbisch-kroatischen Krieges, wiesen Oppositionelle in Belgrad daraufhin, daß der serbische Präsident Milosevic selbst UNO-Truppen rufen würde, wenn der Eroberungskrieg in Serbien erfolgreich verlaufen würde. Dieses Ziel ist nun im Wesentlichen erreicht.

Als äußeres Zeichen für diese These könnte sich die Einberufung einer Jugoslawienkonferenz erweisen, die gestern in Belgrad stattgefunden hat. Vertreter von über 159 Parteien und Vereinigungen trafen sich, um einen neuen, verkleinerten jugoslawischen Staat aus der Taufe zu heben, der die Rechtsnachfolge des alten Staates antreten soll. Nach den Vorstellungen der Organisatoren sollten diesem Staat Serbien mit seinen beiden Regionen Kosovo und Wojwodina, die serbischen Gebiete in Bosnien-Herzegowina und diejenigen in Kroatien sowie Montenegro angehören. Alle jugoslawischen Völker, die sich nicht für eine Abspaltung vom Staat entschlossen haben, sollen eine demokratische bundesstaatliche Einheit bilden, dessen Grenzen unverletzlich sind. Zwar werde „keinem Volk der Austritt aus der heutigen Gemeinschaft abgesprochen,“ aber alle verfassungstragenden Völker der jeweiligen Republik müßten dem zustimmen.

Im Klartext: die Albaner des Kosovo könnten sich nicht aus diesem Jugoslawien lösen und gleichzeitig wären alle Serben in einem Staat vereint. Da Jugoslawien diplomatisch noch anerkannt ist, würde die Anerkennung als Völkerrechtssubjekt auf das neue Jugoslawien übergehen. Der Trick dabei: das neue Jugoslawien müßte sich nicht dem Krtierienkatalog für die Anerkennung der Minderheitenrechte der EG beugen. Die Albaner des Kosovo und die Ungarn der Wojwodina wären damit in diese Form Großserbiens eingebunden.

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