Wenig Hoffnung für Mogadischu

Keine Chance für UN-vermittelten Waffenstillstand in Somalia/ 20.000 Opfer des Bürgerkriegs  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Wieder hat sich eine Hoffnung auf Frieden in der seit zwei Monaten umkämpften somalischen Hauptstadt Mogadischu zerschlagen: Die Mission des Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen, James Jonah, der die Chancen für einen Waffenstillstand ausloten wollte, ist am Wochenende gescheitert.

Das hatte bereits nach dem ersten Gespräch des UN-Staatssekretärs für Afrika festgestanden: General Farrah Aidid, der die Regierung stürzen will, lehnte jede „fremde Einmischung in USC-Angelegenheiten“ ab. Er ist seit September Vorsitzender des USC (Vereinigter Somalischer Kongreß), der vor einem Jahr den langjährigen Diktator Siad Barre aus Mogadischu vertrieben hatte. Zu derselben Organisation gehört auch sein Gegner, der auf der somalischen Friedenskonferenz in Djibouti bestätigte Präsident Ali Jahdi. Dieser wünscht eine Stationierung von UN-Friedenstruppen in Mogadischu. James Jonah ließ jedoch gegenüber Journalisten durchblicken, daß die UNO dazu nur im Einvernehmen mit beiden kämpfenden Parteien bereit seien.

Der Bruderkampf der letzten Wochen in Mogadischu hat UN-Angaben zufolge bereits 20.000 Tote und Verwundete gefordert. Tausende sind aus der Stadt geflohen. Seit sechs Wochen konnte aus Sicherheitsgründen keine Nahrungsmittelhilfe verteilt werden. MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen melden inzwischen Todesfälle infolge von Unterernährung. Es gibt viel zu wenige Ärzte und Medizin für die Verwundeten. Verzweifelt ist die Lage vor allem im Norden Mogadischus, der von Ali Mahdis Streitkräften kontrolliert wird: In diesem Teil der Stadt gibt es kein einziges Krankenhaus. General Aidid sicherte James Jonah zu, eine entmilitarisierte Zone um die in seinem Einflußbereich liegenden Kliniken zu schaffen. Nur einen Tag später wurde das Benadir- Krankenhaus, das größte Mogadischus, bombardiert.

Die Truppen von General Aidid sind besser ausgebildet als die von Ali Mahdi. Aber der Präsident verfügt über einen anderen Vorteil: Die Mehrheit der Bevölkerung Mogadischus gehört zu seinem Clan, Aidids Verbündete stammen überwiegend vom Land. BeobachterInnen bezweifeln deshalb, daß der General langfristig Macht über die Hauptstadt gewinnen kann.

Wer immer aus dem Krieg zweier Untergruppen des Hawiye-Clans als Sieger hervorgeht — er wird Somalia kaum befrieden können. Im Süden des Landes leisten Verbündete des gestürzten Siad Barre noch Widerstand. Der Norden hat sich im Mai 1991 von Somalia losgesagt und die — international nicht anerkannte — Republik Somaliland ausgerufen. Auch dort nehmen die Spannungen zu, vereinzelt ist es zu Kämpfen gekommen. „Die Angehörigen der einstigen Rebellenbewegung SNM sind frustriert, weil es wirtschaftlich nicht aufwärts geht und sie noch immer nicht bezahlt werden“, sagt ein Beobachter. „Überfälle von Banditen werden häufiger.“

Angesichts der seit einem Jahr chaotischen Situation ist der UNO mehrfach vorgeworfen worden, im somalischen Bürgerkrieg nicht genug Initiative zu zeigen. Die Gespräche von James Jonah waren der erste Versuch der Weltorganisation, sich an einer politischen Lösung des Konflikts zu beteiligen. KritikerInnen meinen, die UN solle notfalls auch ohne Zustimmung aller Beteiligten intervenieren, da es in Somalia seit einem Jahr keine Regierung gebe, von einer Einmischung in innere Angelegenheiten daher keine Rede sein könne. VertreterInnen der Vereinten Nationen weisen dagegen darauf hin, daß ein solches Vorgehen der UN- Charta widerspreche. Für die in der Falle sitzende Zivilbevölkerung Somalias sind die Aussichten düster.